BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 69

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In der hier vorliegenden Novelle sehen wir den Tatbestand zu wenig abgegrenzt. Wir sehen hier auch NGOs und Privatpersonen betroffen, denen vielleicht ein bisschen Benzingeld gegeben wird, oder auch Taxifahrer und andere Beförderungsunter­neh­men.

Für den Schutz von Leben und Gesundheit der Flüchtlinge finden wir also nicht, dass diese Novelle die richtigen Mittel liefert, sondern befürchten wir sogar negative Auswirkungen durch diese Novelle. Daher kommt hier unsere Ablehnung.

Zu TOP 1 aber, wie gesagt, eine große Zustimmung der grünen Fraktion. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Schennach.)

16.00


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schennach. – Bitte.

 


16.00.13

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Es ist ein gutes Gesetz. Wir leben in spannenden, herausfordernden Zeiten, die auch manchmal eine spezielle Maßnahme notwendig machen. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Aber ich möchte ein bisschen auf das, was heute hier gesagt wurde, eingehen. Es sind zwei Sätze gefallen: Alle Menschen wollen in Europa eine Heimat. Und: Alle Asylwerber dieser Welt können wir nicht aufnehmen. – Es sind derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele gab es seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht. Es sind 500 000 Menschen nach Europa gekommen, das ist weniger als 10 Prozent. Weniger als 10 Prozent der Menschen, die derzeit auf der Flucht sind, kommen in einen reichen, sicheren Kontinent.

Wenn man sagt, welche großen Herausforderungen Europa hat, dann sollte man einmal anschauen, wo denn die eigentlichen Flüchtlingsströme sind. Da gibt es unter den Top Ten kein einziges europäisches Land: Türkei, Pakistan, Libanon, Iran, Äthiopien, Jordanien, Kenia, Tschad, Uganda und China. Wenn man sagt, ganz Deutschland ist derzeit das größte Flüchtlingsheim – was bei einer internen EU-Quote noch zu wenig ist –, dann wäre es an elfter Stelle.

Wenn wir die größten Flüchtlingscamps anschauen, so befinden sich allein zwei der größten in Kenia, wovon eines 600 000 Menschen beheimatet. Wenn ein politischer Repräsentant einer anderen Partei, der NEOS, fordert, Österreich soll sofort die UNO zu einer Sondersitzung einberufen, weil in Europa 500 000 Flüchtlinge angekommen sind, so kann man nur sagen: Guten Morgen! Die UNO hat derzeit ganz andere Sorgen, denn das größte Flüchtlingslager der Welt, Dadaab, wird derzeit geschlos­sen – dort sind 650 000 Menschen –, weil es so nicht geführt werden kann.

Wenn jemand sagt, die Menschen aus Syrien sind ohnedies in Flüchtlingscamps angekommen, die sicher sind, so muss ich sagen: Sorry, keine Ahnung! Ich kenne – und ich habe verschiedene Fact Finding Missions geleitet – diese Flüchtlingscamps aus Eigenem, und ich kann nur sagen, dass die UNO nicht einmal das Personal hat. Die innere Ordnung übernehmen Gruppen von Flüchtlingen selbst. Traumatisierte Men­schen und Menschen, die aus Not, aus der Flucht auf ein kleines Stück Land zusammengepfercht werden, entwickeln ihre eigenen Dynamiken. Wenn Europa 500 000 Menschen hat: Warum sind aus der Türkei über 300 000 Menschen nach Syrien geflüchtet? – Das ist die nächste Frage.

 


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