BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 49

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dieses Paket, also diese 15a-Vereinbarung, ein wesentlicher Punkt dazu sein und genau in diese Richtung zielen würde.

Nun, was das Gratiskindergartenjahr angeht beziehungsweise den Zuschuss zum Kin­dergartenjahr für Vierjährige, kann ich Ihnen attestieren, dass das ein richtiger Ansatz ist, aber das alleine reicht nicht aus, da müsste man noch viel weiter gehen. Was es braucht, sind Kinderbetreuungseinrichtungen – das haben wir auch schon gehört –, die den immer flexibler gestalteten Arbeitszeiten der Eltern, auch im Teilarbeitszeitbereich, entgegenkommen, und das nicht nur in der Stadt, sondern auch am Land. Ich glaube, der größte Nachholbedarf liegt in diesem Bereich.

Es reicht nämlich nicht mehr, einen Kindergarten von acht bis zwölf Uhr gratis anzubieten, da braucht es, vor allem auch auf dem Land, Maßnahmen wie längere Öffnungszeiten und die Möglichkeit, das Kind zu verschiedenen Tageszeiten in die Einrichtung zu bringen und es auch wieder abzuholen. Da wäre es schön, würde man mehr Geld in die Hand nehmen. Noch schöner wäre es aber, wenn man hergehen würde und für vernünftige familiengerechte Bedingungen in der Arbeitswelt sorgen würde – und die Eltern nicht immer mehr dazu zwingen würde, dass sie die Kinder in den Kindergarten oder gar schon in die Kinderkrippen geben müssen.

Wo ich Ihnen aber überhaupt nicht folgen kann, ist, wenn Sie meinen, dass die Pflicht zum Kindergartenbesuch und neuerdings dieses verpflichtende Elterngespräch, worum es ja auch hier geht, für die Eltern von vierjährigen Kindern familien- oder gar kinder­freundlich seien. Vielleicht können Sie mir das dann später erklären: Wie kann ein Zwang kinderfreundlich sein? Finden Sie es wirklich familienfreundlich, wenn Eltern, die ihr Kind bis zum Schuleintritt möglichst zu Hause betreuen wollen, dann auch noch dafür bestraft werden?

Also wir haben da eine ganz andere Vorstellung von Familienpolitik. Wir stehen für ein umfassendes, für die Eltern möglichst günstiges Betreuungsangebot, das den Bedürf­nissen der Familien angepasst ist, aber das auf Freiwilligkeit basiert und die Familie als Kern unserer Gesellschaft sieht.

Es muss den Eltern ganz einfach ermöglicht werden, möglichst viel Zeit in die Erzie­hung ihrer Kinder investieren zu können, um sie gerade in den ersten Jahren möglichst gut in ihrer Entwicklung begleiten zu können. Und Kinder müssen auch Kind sein dürfen. Sie brauchen auch einmal die Möglichkeit, sich zurückziehen zu können, und sie brauchen gerade in den ersten Jahren ihre Familie. Es geht einfach darum, die Kinder genau in dieser Zeit nicht zu überfordern.

Es ist nicht sinnvoll, die Kindergärten in erster Linie als Bildungseinrichtungen zu sehen. Das sind Betreuungseinrichtungen, und das sollen sie auch bleiben. Da braucht es nicht sozialistische Ansätze wie jenen, die Kinder schon möglichst früh den ganzen Tag über in die Obhut des Staates zu geben. Die Behauptung, dass mit der Bildung nicht früh genug angefangen werden kann, wird übrigens durch ein Beispiel ad absurdum geführt, und das ist die DDR. Auch da hat man gemeint, dass es gescheit wäre, die Kinder möglichst früh in die Fänge zu bekommen und zu versuchen, sie frühzeitig lenkbar zu machen. Das funktioniert aber nicht, wie man gesehen hat, und die Kinder machen später als Erwachsene ohnehin nicht das, was man versucht hat ihnen einzutrichtern, und das ist gut so. Das Einzige, was bei diesen Menschen hängen geblieben ist, sind der Zwang und das Lied vom Volkspolizisten.

Es ist nicht in Ordnung, wenn Kindergärten die Aufgabe zugeschrieben wird, die Kinder zu erziehen. Noch schlimmer ist es, wenn von Elementarpädagogik, gezielter sprach­licher Frühförderung, Kultur- und Sozialanthropologie, Traumatologie, Sozialpädagogik, Testung von psychomotorischen Fähigkeiten und Ähnlichem die Rede ist. Da wird ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen. Warum begegnet man Kindern nicht einfach


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