BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 80

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einen Dämmerzustand versetzt werden, was natürlich katastrophal ist und als wirklich tiefgreifende Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden muss.

Wissen Sie, wer als Erster protestiert hat, als wir unseren Bericht veröffentlicht haben? Die Wirtschaft. Ich habe großes Verständnis für wirtschaftliches Denken und Handeln, aber auf der anderen Seite, wenn es auf Kosten der Menschenwürde geht, dann, glaube ich, muss hier unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden.

Es gibt auch positive Beispiele. Man hat in Bad Hofgastein in einer Einrichtung, gemeinsam mit den zuständigen Verantwortlichen dort, mit Ärztinnen und Ärzten sowie Apothekern, ein Projekt gemacht. Und siehe da, man hat die Anwendung sedierender Medikamente sofort um 30 Prozent senken können. Wir hoffen sehr, dass dieses Modell Schule macht und die Präventivwirkung in diesem Bereich voll zum Tragen kommt.

Wir brauchen aber auch die Unterstützung vonseiten des Gesetzgebers. Denn bei­spielsweise ist es möglich, dass Ärzte, die Menschen, die in Einrichtungen sind, medizinisch betreuen, nicht verpflichtet sind, der Einrichtung mitzuteilen, welche Medikamente verschrieben werden. Das ist bei hochbetagten Menschen in einem Extremfall brandgefährlich. Daher muss in diesem Bereich die ärztliche Schweigepflicht gelockert werden. Es muss eine Verpflichtung geben, dass beispielsweise Hausärzte, die hochbetagte Menschen betreuen, die in einem Heim leben, das der dortigen Heimführung mitteilen müssen. Das Gesundheitsministerium unterstützt dieses Vorha­ben. Widerstände werden wir gemeinsam überwinden müssen, nämlich vonseiten der Ärztekammer in diesem Fall.

Zur Website möchte ich noch etwas sagen. Kollege Pfister hat es angesprochen: Uns ist jede Bewerbung unserer Homepage natürlich sehr, sehr recht und wirklich willkom­men. Das Kollegium hat gleich nach Beginn unseres Amtsantrittes entschieden, dass wir die Erscheinung modernisieren. Wir haben einen Relaunch der Website gemacht. Wir berichten auf der Homepage nicht nur über unsere traditionelle Aufgabe, nämlich über Individualbeschwerden und die gesetzlichen Hintergründe, sondern auch über unser Menschenrechtsmandat, über die Besuche unserer Kommissionen in den Ein­rich­tungen.

Da gibt es, natürlich in anonymisierter Form – wir wollen ja keine Einrichtung und schon gar nicht Einzelpersonen an den Pranger stellen –, Storys, wie wir sie nennen, Geschichten über Besuche in Einrichtungen und was dort vorgefunden wurde, natürlich mit dem Ziel, dass das auch eine Breitenwirkung entfaltet. Beispiele dafür, was richtig und gut gemacht wird, sollen letztendlich Schule machen.

Man kann sich auch über das Prüfschema informieren, man kann Musterprotokolle anschauen, beispielsweise Expertisen vom Menschenrechtsbeirat und auch die Emp­fehlungen, die die Volksanwaltschaft dann aus den Besuchen bei Expertinnen und Experten ableitet.

Die Frau Bundesrätin Reiter hat über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ge­sprochen. Wir haben zurzeit rund 6 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Österreich. Viele dieser Jugendlichen und Kinder haben schreckliche Erlebnisse hinter sich, zunächst am Ausgangsort der Flucht, dann auch auf der Flucht selbst, und viele sind natürlich traumatisiert.

Die Gesetzeslage ist ganz eindeutig: Nach der UN-Kinderrechtskonvention, aber auch nach österreichischer Gesetzes- und Verfassungslage sind Kinder und Jugendliche, egal, welcher Herkunft, ganz gleich zu behandeln wie österreichische Kinder und Jugendliche. Und ehrlich gesagt mit Bestürzung sehen wir auch, dass es aufgrund des Problemdrucks Tendenzen gibt, das Alter auf 17 Jahre zu senken und unbegleitete


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