BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 85

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Sehr geehrter Herr Vizekanzler, Sie sind ja auch Wirtschaftsminister. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich der Wirtschaft auch so annähern und auch von der Wirtschaft eine Evaluierung vornehmen würden und nicht immer Wirtschaft von oben überstülpen. Das wollen wir nämlich nicht, und das sind wir auch nicht. Wirtschaft sollte basis­orientiert von unten evaluiert werden, das würde ich mir wünschen. Ich bitte, dies beim nächsten Wirtschaftsbericht vielleicht zu berücksichtigen. Ein Beispiel dafür ist dieses wirklich nicht schlecht zusammengefasste Evaluierungskonvolut.

Ich möchte bei der empirischen Forschung oder bei der empirischen Erfahrung bleiben und auch meine eigene Erfahrung einbringen. Ob das jetzt, um beim Bericht zu bleiben, STEP-Phase – bis 2010 –, STEOP-Phase – wie es jetzt heißt –, also die Eingangs- und Orientierungsphase oder Einführungsphase im Masterstudium, Modulgruppen oder Pflichtmodulgruppen heißt, es ist immer das gleiche System und es geht immer um das Gleiche – das geht aber bei dieser Evaluierungskonzeption nicht ganz hervor –: Es geht um das Anmeldesystem. Der Studierende ist heutzutage – das wird oft vergessen – von einem computergesteuerten Anmeldesystem geleitet. Genau das bringt die Problematik.

Man muss bei einem Studium eigentlich unterscheiden zwischen einem Lernpfad eines Studierenden und einem Lehrpfad, der sogenannten forschungsgebundenen Lehre, der Lehrveranstaltung. Das sind zwei komplett unterschiedliche Dinge, und das korreliert nicht mehr miteinander. Das sind verschiedene Wege, die müssten zusammenpassen, tun sie aber nicht.

In der Praxis schaut das dann so aus: Sie haben zehn Lehrveranstaltungen vor sich, können sich aber zum Beispiel nur für eine anmelden. Bei dieser einen, für die eine Anmeldung möglich ist, sitzen die Studierenden übereinander oder dreifach über­einander, bei den anderen neun sind die Hörsäle fast leer! Fast leer! Das weiß aber nicht einmal die Universität selber, denn den Autonomiestatus hätte sie ja, das zu regulieren. Offensichtlich ist sie sich dessen aber auch nicht bewusst, denn in riesengroßen Hörsälen mit einem Fassungsvermögen von 200 bis 300 Studierenden sitzen zehn bis 15 Leute. Warum? – Weil man sich nicht anmelden kann!

Das ist die Hauptproblematik. Das kostet Zeit, das kostet Bürokratie, und das über­fordert auch die Studienprogrammleitung, denn das muss man sich ja umschreiben und anerkennen lassen. Jetzt haben sie dort eine riesige Schlange von Studierenden stehen, die darum ersuchen. Die Studierenden wollen ja im Studium weiterkommen, können aber nicht, weil man sich nicht anmelden kann – und das ist das Haupt­problem.

Wie gesagt, diese STEP, STEOP, Einführungsphase, das ist alles eine bürokratische Geschichte. Es geht um dieses Anmeldesystem, und da würde ich Sie ersuchen, sich doch einmal des Themas anzunehmen, warum eine Universität so ist, wie sie ist: manche Hörsäle voll, manche komplett leer, obwohl alles gleichzeitig angeboten wird. Da stimmt einiges nicht.

Zusammengefasst: Das Korsett ist viel zu eng, es ist verschult auf der Lernseite, es ist aber nicht verschult auf der Lehrseite. Auf der Lehrseite wird es auch nie verschult sein, denn sonst wären wir ja alle in der Schule und nicht auf einer Universität. Schließ­lich wollen Professoren – die Professur – ihr Forschungskonzept anbieten, die sind Spezialisten in ihrer Forschung, da bieten sie Lehrveranstaltungen an – und die Studierenden können sich, wenn sie Interesse für diese Lehrveranstaltungen zeigen, dafür nicht anmelden, und das ist das Hauptproblem.

Deswegen sind wirklich exzellente Forschungsmodule von exzellenten Professoren buch­stäblich leer, weil das Anmeldesystem nicht freigeschalten ist. Das gehört zusam­mengeführt und ist ein Hauptproblem für die nächste Zeit. Ich habe das hier schon vor


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