BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 86

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drei, vier Jahren erzählt. Es hat sich aber jetzt noch einmal verschärft, das Ärgernis ist größer geworden, weil ja auch die Lernveranstaltungen – offensichtlich wegen Budget­problemen oder Budgetrestriktionen – immer mehr gekürzt werden.

Punkt zwei: Der Tenure Track – das kommt aus den USA, ist aber keine schlechte Sache – ist der Weg eines Wissenschaftlers an einer Universität, wenn er Wissen­schaftler bleiben möchte. Also vom Assistenzprofessor, assoziierten Professor oder Professur und den Dozentinnen und Dozenten – um das einmal so auszudrücken, das alte System –, alle die werden jetzt, und die Idee ist gar nicht so schlecht, in eine wissenschaftliche Community eingebunden. Wissenschaftliches Denken bedingt einan­der, prosperiert und befruchtet einander sicherlich. Das kommt aus den USA, und das ist sicherlich nicht so schlecht. Interessant ist, dass das ... (Vizekanzler Mitterlehner: ... ist sogar ganz gut!) – Ist ganz gut, ja, aber woher kommt das?

Interessant ist, dass bereits 1917 Max Weber in einem viel beachteten Vortrag, der natürlich auch schriftlich vorliegt, „Wissenschaft als Beruf“ heißt er, gemeint hat, dass es in Europa – er hat damit in erster Linie Deutschland gemeint, aber Österreich ist ja ähnlich systematisiert – zum Problem werden wird, dass sich die Wissenschaftler in Europa nicht so entfalten können wie in den USA.

Das war vor hundert Jahren, aber es freut mich ganz besonders, Herr Vizekanzler, dass Sie sich nach hundert Jahren diesem Konzept angenähert haben und den Tenure Track à la USA hierzulande auch so irgendwie einführen. Das hat aber Max Weber schon vor hundert Jahren gesagt. Das ist recht interessant, aber das ist vielleicht der Ideenspender schlechthin, das war der Universalgelehrte, auf den man sich oftmals beruft.

Was war noch in den zwanziger Jahren? – Stichwort Erste Republik; das war heute schon einmal Thema: der Exodus (Ruf bei der SPÖ: Exodus heißt das!) – Sie sind ja auch biblisch bewandert, Herr Vizekanzler, wie ich weiß – der österreichischen Wis­senschaftler in den zwanziger Jahren, von dem sich die Universität Wien bis heute noch nicht erholt hat; der Exodus, das Abwerben auf das amerikanische System hin, weil dort auch die Gehälter besser sind, weil der Professurpfad damals schon ange­boten worden ist und nicht jetzt vielleicht, aber so ganz ist es ja auch noch nicht ausgefeilt.

Wer ist damals ausgewandert? – Ein Ludwig von Mises, ein Oskar Morgenstern, ein Fritz Machlup, ein Gottfried Haberler, ein Schumpeter, Friedrich August von Hayek, unser letzter Nobelpreisträger in den Wirtschaftswissenschaften. Die haben es alle zu hohem Ansehen gebracht, sind aber in Österreich komplett in Vergessenheit geraten. Wenn diese Österreicher heute noch eine Repräsentanz an der Universität hätten, dann hätte ein Keynesianismus, wie Sie ihn auch oft propagieren, nicht den Funken einer Chance und würde unser Wirtschaftssystem wieder auf die Beine kommen, sicherlich anders strukturiert, als es jetzt der Fall ist.

Interessant ist diesbezüglich auch, dass der derzeitige gewählte Sprecher des ameri­kanischen Repräsentantenhauses – Paul Ryan – ein großer Verfechter dieser großen, in Österreich vollkommen in Vergessenheit geratenen Österreicher ist und genau weiß, welches Konzept die USA für ihr Wirtschaftssystem brauchen. Und das Konzept – Sie sind ja letztlich auch Wirtschaftsminister –, das Sie uns Unternehmern und Unterneh­merinnen da umhängen wollen – nein, das sind komplett verschiedene Schuhe, hat aber den Beginn in den zwanziger Jahren in dem Exodus der Österreicher in die USA; Hayek ist nach London gegangen.

Um kurz bei den Erinnerungsorten zu bleiben: Erinnerungsorte spielen sich auch ab in einem Museum, es gibt eine museale Erinnerung, zum Beispiel das österreichische Wirtschaftsmuseum. Es ist kaum zu glauben, die meisten werden es nicht kennen, es


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