BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 136

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Wir haben derzeit, also im Jahr 2015, 62 000 Asylanträge. Diese Zahl ist aktuell. Ich stelle mir schon die Frage bei diesen 320 000 Einreisen, die hier registriert sind: Wie will man eigentlich garantieren, dass die ganzen 320 000 irgendwann wieder in der Legalität auftauchen?

Damit stellt sich für mich schon die nächste Frage: Wir haben in dieser Republik ja angeblich einen Flüchtlingskoordinator. Das ist ja eigentlich eine falsche Bezeich­nung. Der müsste eigentlich Durchschleusungskoordinator heißen, denn das Ein­zige, was derzeit passiert, ist, dass man versucht, die in Österreich ankommenden Menschen auf Busse und die Bahn zu verfrachten und möglichst schnell zur bundes­deutschen Grenze zu verbringen.

Ob das die vielgepriesene europäische Solidarität ist, von der wir allenthalben hören, weiß ich nicht. Ich weiß nur, wenn ich die Zeitungen lese, dass sowohl der bayrische Ministerpräsident als auch der bayrische Innenminister als auch der Bundesin­nen­minister de Maizière mittlerweile – ich nenne es einmal freundlich – einigermaßen verschnupft reagieren. Dabei weiß man nicht, was passiert, wenn ihnen irgendwann der Kragen platzt und sie sagen: So, jetzt machen wir wirklich einmal dicht, jetzt lassen wir wirklich einmal die Rollbalken runter!

Im Unterschied zu Österreich haben die zumindest noch die Mannstärken der deut­schen Bundeswehr, um die Grenze abzuriegeln. Ich weiß nicht, ob das das ist, was wir uns wünschen oder wünschen sollten.

Das Einzige, was ich weiß, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir stehen hier heute, und ein Beteiligter der Rettungsmannschaft in Oberösterreich hat das vor ein paar Tagen im Fernsehen so schön gesagt: Wir erleben hier gerade aktuell Ge­schichte.

Das ist aktuell definitiv Geschichte. Die Frage ist nur, in welche Richtung das gehen wird. Geht es in die Richtung, dass wir sozialromantisch einfach der Meinung sind, das ist alles gut, das ist alles schön, kommt alle her, wir werden das schon schaukeln, wir werden schon fertig werden?

Das ist sehr naiv. Jeder von Ihnen kennt wahrscheinlich das Prinzip der ausgleichen­den Gefäße. Sie wissen selbstverständlich, dass das Prinzip der ausgleichenden Gefäße auch in diesem Bereich wirkt, und irgendwann werden die Mittel nicht mehr da sein. Das ist etwas, das wir alle uns eigentlich nicht wünschen sollten.

Da bin ich durchaus der Meinung der Frau Innenministerin, die vor ein paar Tagen von einer „Festung Europa“ gesprochen hat. Auch ich halte es für notwendig, sich ernsthaft darüber Gedanken zu machen und auch die entsprechenden Handlungen daraus abzuleiten. Denn Gedanken haben wir uns ja, wie ich eingangs erwähnt habe, schon im Jahr 2004 gemacht, als der Ihnen sicher näher als mir stehende Otto Schily gemeint hat, wir brauchen Aufnahmelager an den EU-Außengrenzen.

Man hätte elf Jahre lang Zeit gehabt, diese Aufnahmelager aufzubauen, die natürlich vom UNHCR kontrolliert werden sollten, denn es soll ja dort nicht die nächste humani­täre Katastrophe geben. Man hätte in den letzten elf Jahren durchaus die Möglichkeit gehabt, diese Auffanglager zu errichten, aber geschehen ist nichts! Die selbsternannte europäische „Elite“ hat diese Situation verschlafen! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Ja, ja, ich weiß schon. Wenn man Geld von der Hypo und so weiter …!; ich kenne das alles. Ich frage mich nur, warum wir heute die höchste Staatsverschuldung aller Zeiten haben und SPÖ und ÖVP so tun, als hätten sie mit dieser ganzen Situation nichts zu tun.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite