BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 154

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hilfsbereite und herzliche Österreich. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Bun­desrates Mayer. – Ruf bei der FPÖ: Ah geh!)

So viel zu „Österreich schafft sich ab“: Seid ein bisschen vorsichtiger, was ihr for­muliert, wirklich wahr. (Bundesrat Meißl: Das würde ich dir raten, Herr Kollege!) Es gab in puncto Zäune sehr visionäre Österreicher und Österreicherinnen, die genau wussten, was mit Zäunen zu tun ist in einem gemeinsamen Europa, nämlich diese Zäune durchzuschneiden und ein für alle Mal auf die Müllhalde der europäischen Geschichte zu schmeißen, weil Zäune nicht europäisch sind. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Zäune und Mauern sind genau das, was ich vorhin gesagt habe: Sie sind die Todesbringer. Sie halten keinen Flüchtling auf, denn diese finden immer Wege. Das kann man bedauern, aber wir müssen da natürlich auch mit der Bevölkerung Klartext reden. Das fehlt mir übrigens auch von der Bundesregierung, das muss ich auch deutlich sagen: Ich finde, man muss noch viel offener und ehrlicher mit dieser Situation umgehen. Man muss viel klarer darüber sprechen, aber man muss auch sagen, welche Konsequenzen was hat; und Zäune bedeuten noch mehr als die 71 Toten in Parndorf, dann haben wir Tausende davon. Europa hat die Toten im Mittelmeer lange ignoriert. Wir Grüne haben das jahrelang gesagt, und das ist ignoriert worden. Es ist verdrängt worden. Es ist wirklich verdrängt worden; und das darf auch nicht mehr und auch nie wieder passieren.

Wir sind hier im Bundesrat, in einer Länderkammer. Der Bürgermeister von Wien hat im Wahlkampf einen ganz schönen Sager getätigt. Er hat gesagt, dass er nur Bürger­meister von Wien ist, dass er sich nur fragen kann, ob er will, dass irgendjemand erfriert und verhungert in seiner Stadt, oder nicht. Da hat er recht; und das ist das, was wir in Österreich momentan leisten können. Es sind Menschen in Not; und wir können entscheiden, ob sie verhungern und erfrieren oder nicht. Darum geht es in Wirklichkeit und um sonst nichts, weil gelöst muss das natürlich von der österreichischen Bundes­regierung, auch auf globaler Ebene und auf europäischer Ebene werden.

Natürlich ist die Außenpolitik das wichtigste Thema in dieser Frage. Da ist es natürlich momentan schwierig geworden, vor allem seit Russland eingegriffen hat und den unterstützt, wegen dem die meisten Menschen fliehen, Stichwort Fassbomben. – Man darf nicht vergessen, dass noch immer über 94 Prozent der Toten in Syrien auf das Konto von Assad gehen. (Bundesrat Beer: Ah, geh!) Das ist so; da kannst du den Kopf schütteln, Kollege Beer. Andere Kollegen deiner eigenen Fraktion nicken gerade. Da habt ihr also offensichtlich keine gemeinsame Haltung. (Zwischenruf des Bundesrates Beer.) Herr Kollege Beer, die Fassbomben sind verantwortlich für 94 Prozent der syrischen Toten, für die Zerstörung der meisten Städte und der Infrastruktur und dafür, dass es dort keine Schulen, keine Spitäler und gar nichts mehr gibt. Das ist so.

Ein anderer Grund ist auch, dass man diese Flüchtlingscamps vor Ort natürlich nicht ausreichend dotiert. Wenn es in den UNHCR-Camps in der Türkei, im Libanon und in Jordanien nicht genug Essen und keine Schulen gibt, dann würde ich, wenn ich ein Vater eines Kindes wäre und mein Kind schon zwei oder drei Jahre nicht mehr in die Schule gehen könnte, klarerweise in ein Land gehen, in dem es Schulen gibt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da gibt es sonst keine Zukunft mehr. Das ist doch ein ganz wesentlicher Punkt.

Das ist übrigens auch der Grund für folgende Tatsache: Es stimmt, am Anfang waren es vorwiegend junge Männer, die geflohen sind, aber das stimmt längst nicht mehr. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das sagen alle NGOs. Ihr seid halt nie vor Ort, das ist das Problem.

 


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