BundesratStenographisches Protokoll846. Sitzung / Seite 161

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Politische Bildung und Zivilcourage, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man lernen. Tausende Österreicherinnen und Österreicher beweisen uns momentan tagtäglich, dass sie Zivilcourage ausüben. Ich denke, politische Bildung und Zivilcourage sind das Gebot der Stunde. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich gehe davon aus, dass jeder/jede in diesem Haus den Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen kennt.

Interessant wird es aber, wenn man sich die anderen Artikel anschaut – ich zitiere –:

Artikel 3: „Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“

Artikel 6: „Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.“

Artikel 13.1: „Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.“

Artikel 13.2: „Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.“

Artikel 14.1: „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, die Allgemeine Erklärung der Men­schenrechte der Vereinten Nationen sagt zu diesem Thema alles aus. (Bundesrat Krusche: Das glaube ich nicht!) Sie sagt alles aus.

Syrien und das Kriegsgebiet: Ich kann es mir persönlich nicht vorstellen, jetzt in Syrien zu leben. Aber eines ist mir relativ klar, nämlich was ich tun würde, wenn ich vor der Entscheidung stünde: Bleibe ich in Syrien in diesem Kriegsgebiet und habe eine Überlebenschance von 1 Prozent – oder nütze ich die Möglichkeit zur Flucht und habe dann zumindest eine Überlebenschance von 50 Prozent?

Diese jungen Männer: Der Herr Volksanwalt hat es im Ausschuss am Dienstag gesagt, liebe KollegInnen der FPÖ, wir reden in Österreich momentan von 6 000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Und ich habe immer den Eindruck, wenn wir die Grenzen dicht machen, ihr wollt den Kindern nicht helfen. Wir reden von 6 000 Kindern – unbe­gleiteten –, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grü­nen.)

Man hat sowieso den Eindruck, wenn ihr keinen Gegner und keinen Feind habt, dann geht es der FPÖ und den Mandataren der FPÖ einfach nicht gut. Ganz egal, um welches Thema es geht: Die jungen gegen die älteren Menschen. Die Frauen gegen die Männer. Die ArbeitnehmerInnen gegen die PensionistInnen. Die SchülerInnen gegen die LehrerInnen. Die Arbeitslosen gegen die MindestsicherungsbezieherInnen. Die Heterosexuellen gegen die Homosexuellen. Und jetzt sind wir halt gerade beim Thema AsylwerberInnen gegen die ÖsterreicherInnen. – Wenn Ihr keinen Feind habt, dann fühlt ihr euch anscheinend nicht wohl. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich komme zum Bundesland Steiermark, denn von dort komme ich ja her. (Bundesrat Herbert: Die FPÖ hat keine Feinde – nur zur Richtigstellung!) Bei eurer Forderung, die österreichischen Grenzen dicht zu machen, wird immer eines vergessen: Es könnte ein anderes Land die Grenzen auch dicht machen.

Und jetzt bitte ich, dass man mich wirklich nicht falsch versteht. Ich war vor circa eineinhalb Monaten sogar fast froh, dass die Bundesrepublik Deutschland kurzfristig die Grenzen dicht gemacht hat – da nämlich die Österreicherinnen und Österreicher, Europäerinnen und Europäer ja das mittlerweile schon gewohnt waren, einfach ohne


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