BundesratStenographisches Protokoll847. Sitzung / Seite 74

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zent sind mittelradioaktiv –, lagert ja bekanntlich, wie wir heute schon gehört haben, in Sei­bersdorf, und zwar in ein bisschen mehr als 11 000 Fässern, in drei Lagerhallen.

Wie gesagt, der strahlt so schwach, dass er wirklich in fast ganz normalen Lagerhallen zwischengelagert ist. Es gibt dort keine Bleiummantelung oder Ähnliches, wie man es bei einem atomaren Zwischenlager vielleicht vor Augen hat.

Zu diesen knapp über 11 000 Fässern kommt der laufend anfallende Atommüll. Bis zum Jahr 2045, wenn der Vertrag mit Seibersdorf ausläuft, werden dort an die 15 000 Fäs­ser lagern. Für diese Übernahme des Atommülls, vor allem von der Industrie, nimmt Österreich ein zweckgebundenes Entsorgungsentgelt an, das extra eben zweckgebun­den ist und für die Endlagerung zur Verfügung steht.

Der erste Knackpunkt, der uns dazu auffällt: Die Richtlinie fordert eine unabhängige Atomaufsicht für die beiden letzten Kernanlagen in Österreich, also für den Prater­reaktor, der im Eigentum und unter Aufsicht des Wissenschaftsministeriums steht, und für das Zwischenlager bei NES in Seibersdorf, dessen Eigentümer, das Lebensminis­terium, für die Aufsicht zuständig ist. – Also unter Trennung zwischen Aufsicht und Ei­gentum stellen wir uns etwas anderes vor.

Als nächste Schritte ist die Erstellung und Umsetzung eines Nationalen Entsorgungs­programms geplant. Da sehen wir schon die erste große Gefahr, weil in der Novelle nichts konkretisiert ist. Es ist weder erwähnt, wer konkret eigentlich ein Endlager su­chen soll, noch ist ein Zieldatum festgelegt.

Im Vertrag zwischen Bund und Seibersdorf ist das Endlager beziehungsweise Zwi­schenlager, wie gesagt, bis 2045 gesichert. Dieses Datum fehlt aber im Gesetz, der Termin wird wohl weiter in die Zukunft geschoben werden.

Wir befürchten aber, dass sich in Österreich in punkto Endlagerung nichts bewegen wird, vor allem weil Österreich bei ERDO zuständig ist. ERDO ist eine Organisation, die von einigen europäischen Ländern gegründet wurde, die alle kein großes Atompro­blem haben, ähnlich wie Österreich – zum Beispiel sind Italien und Slowenien dabei –, nämlich zum Zweck der Suche nach einem überregionalen Endlager.

Da geht es vor allem um den Know-how-Austausch unter den Staaten, die alle keine riesige Expertise auf diesem Gebiet haben. Aber es geht auch darum, dass diese Staa­ten Endlagerstätten für Atommüll suchen und eventuell eben auch überregionale Lager gebildet werden für die anderen Länder, die eben auch bei ERDO Mitglied sind.

Es könnte also in jedem Staat aus dieser Partnerschaft ein Endlager für den gesamten Atommüll aller Partnerstaaten geschaffen werden. Im Klartext würde das heißen: Jeder sucht ein Endlager bei sich im eigenen Land, und wer als Erster eines findet, dessen Endlager wird auch von allen anderen ERDO-Mitgliedern verwendet. Wir befürchten, dass das zur Folge haben wird, dass kein Land ernsthaft zu suchen beginnt, weil keines der Länder ein Endlager für alle anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen möchte.

Wir haben einen Antrag im Nationalrat eingebracht, genau diesen Passus zur Export­möglichkeit zu streichen. Das ist leider im Nationalrat abgeschmettert worden. Aus un­serer Sicht braucht es einfach ein besseres, strengeres und besser strukturiertes Ge­setz. Aus grüner Sicht macht es einfach sehr viel Sinn, dass wirklich etwas passiert, dass gesucht wird und es weitergeht.

Wir plädieren für eine Endlagersuche nur im Inland, also für einen Wegfall der Export­option. Es braucht eine Festlegung eines Zieldatums für die Schaffung eines heimi­schen Endlagers, es braucht die Schaffung einer unabhängigen Atomaufsichtsbehör­de, und es braucht die Schaffung einer unabhängigen Agentur, die eben ein heimisches Endlager sucht.

 


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