BundesratStenographisches Protokoll848. Sitzung / Seite 83

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Das ist keine politische Einfärbung, da gibt es kein Rot, Schwarz, Blau, das ist das Pro­blem Österreichs, das mir Sorgen macht und uns Sorgen machen muss. Darüber ha­ben wir uns zu unterhalten! Es hilft niemandem, wenn wir daran vorbeireden und so tun, als wenn wir diese Probleme nicht hätten.

Schauen wir uns die Bierwirtschaft in Österreich an, ich komme ja nicht nur aus der Ban­kenlandschaft, sondern auch aus der Bierwirtschaft: Zipfer, Kaiser, Schwechater, Pun­tigamer, Gösser, Reininghaus, Villacher, Schleppe – das trifft mein Kärntner Herz ganz besonders. Wem gehören sie? – Dem holländischen Heineken-Konzern. Die wollen in Österreich nicht investieren, die wollen optimieren. Wissen Sie, was optimieren heißt? – In Kärnten werden die Vertriebsapparate der Brauunion mit dem Vertriebsapparat der Villacher Brauerei, bei der ich einmal Geschäftsführer war, und der Schleppe Brauerei zusammengelegt. Das heißt, Kärnten wird wieder 150 bis 200 Arbeitsplätze verlieren, weil der Eigentümer ein Cash-Eigentümer ist, der kein Herz für Österreich hat, für die Steiermark nicht, für Puntigam, für Reininghaus und für Gösser nicht. (Bundesrat Pi­sec: Das ist zu teuer!) Dem ist Leoben so etwas von egal!

Die haben auch die Brauerei Laško in Slowenien gekauft, die haben auch Karlovacko in Kroatien gekauft. Wissen Sie, was deren Strategie ist? – In Kärnten, in der Steier­mark, in Slowenien und in Kroatien soll aus diesem ganzen Sammelsurium der Brau­ereien, die sie gekauft haben, ein Braustandort entwickelt werden. Das heißt, es kann uns passieren, dass Gösser in Laško gebraut wird, dass Villacher in Laško gebraut wird, und wir picken nur noch die Etiketten drauf.

Das sind die Probleme, die sich uns stellen! Das kleine Österreich ist da wehrlos. Ich bitte wirklich alle politisch Verantwortlichen – da werde ich innerlich ganz aufgewühlt –, reden wir doch nicht am Problem vorbei! Und da frage ich mich schon, wo denn eine Kartellgesetzgebung in Österreich ist, die verhindert hat, dass die Brauereien fusioniert werden. Wo ist eine Kartellgesetzgebung, die verhindert hat, dass der eine den ande­ren aufkauft und im Grunde die Arbeitsplätze wegradiert? Das Marketing wird zusam­mengelegt, die Lohnbuchhaltung wird zusammengelegt, der Vertrieb wird zusammen­gelegt. Und es wird wie immer optimiert. – Optimierung ist eine Bedrohung für die Men­schen und Arbeitsplätze!

Es ist wirklich beschämend, wie wir uns heute vom ersten Redebeitrag bis zum letzten sozusagen einen Zielpunkt-Spaß leisten. Davon sind fast 3 000 Menschen betroffen, die nicht wissen, wie es weitergeht. Ich stand vor dieser Situation in Kärnten, 2013 bei GriffnerHaus. Ich weiß, was es heißt, wenn du um 6.30 Uhr in der Früh vor Hunderten Menschen stehst und dann Leute zu dir kommen und sagen: Herr Landeshauptmann, ich würde mit dir gerne persönlich reden. Der eine hat zwei ledige Kinder und sagt, für ihn ist es das Wichtigste, die Alimente pünktlich zu zahlen. Der Zweite hat Hausraten zu zahlen und kann es nicht, denn die hatten schon zwei Monatslöhne und das Weih­nachtsgeld nicht bekommen. Der Dritte hat das Problem, dass er eine Autoreparatur zu zahlen hat. Das sind Schicksale, die für uns ja in Wirklichkeit gar nicht vorstellbar sind, und da ist es unfair und inkorrekt, dass wir hier eine Zielpunkt-Show abführen.

Beim Insolvenzausgleichsfonds und bei dieser Abwicklung brauchen wir nicht zwischen wer zahlt und wer abwickelt hin- und herspielen. Das ist typisch Sozialpartnerschaft: Der eine gibt das Geld, und der andere wickelt schleppend ab. Faktum ist, dass wir da­mals dort aus dem Topf „Hilfe für besondere Lebenslagen“ allen Mitarbeitern 2 000 bis 3 000 € umgehend vorausbezahlt und das dann aus dem Insolvenzausgleichsfonds zu­rückgefordert haben.

Es ist ja in Wirklichkeit beschämend, dass am Sonntag in der „Kronen Zeitung“ zwei Mitarbeiterinnen von Zielpunkt dem Herrn Bundeskanzler sozusagen vorwerfen, wo er denn ist. In diesem Moment hast du bei den Menschen zu sein. Das ist, glaube ich, ein bisschen die Reibung, die ich heute auch gespürt habe. Wir wissen, wir können den Men-


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