BundesratStenographisches Protokoll849. Sitzung / Seite 25

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Folgendes sehe ich aber ganz anders als der Vorredner: Es darf auf keinen Fall passieren, dass die Stärkung der Abgabenautonomie zu einem Wettbewerbs­födera­lismus führt, der die Länder untereinander aufreibt und zu solch einem Konkurrenz­kampf führt, dass wir im Endeffekt alle als Verlierer aussteigen. (Bundesrat Krusche: Ja, Wettbewerb ist immer …! – Ruf bei der ÖVP: … wie in der Schweiz! – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) – Ähnlich wie in der Schweiz, ganz genau.

Das Ziel darf eben nicht nur die einseitige Effizienzsteigerung sein, sondern es braucht eine gute Balance zwischen Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und vor allem Solidarität.

Es braucht auch endlich einen aufgabenorientierten Finanzausgleich. Das System, das vorhin schon weitgehend erklärt worden ist, ist, so wie es zur Zeit ist, vor allem pauschaliert – pauschaliert über die Volkszahl, pauschaliert über den abgestuften Bevöl­kerungsschlüssel und über Fixschlüssel – und nimmt keine Rücksicht auf besondere Lasten. Es sind aber die Kosten für die Aufgaben, die die Gebietskör­perschaften zu leisten haben – vor allem die Kommunen –, nicht immer eine einfache Funktion der Volkszahl, sondern sie hängen stark von den Faktoren ab, die bisher überhaupt nicht berücksichtigt werden – zum Beispiel von der demografischen Ent­wicklung, von der Topografie, von der Siedlungsstruktur und von sozioökonomischen Faktoren.

Eine Gemeinde in einem entlegene Seitental in der Steiermark mit einem riesigen Gemeindegebiet – wie sie mein Vorredner gerade angesprochen hat –, mit Absied­lungsproblematik und mit Überalterung hat ganz andere Bedürfnisse als eine Ge­meinde mit einer relativ kleinen Gemeindefläche und dafür riesigen Industriegebieten, zum Beispiel südlich von Wien, oder als zum Beispiel eine Gemeinde im Speckgürtel rund um Innsbruck, die schön zum Wohnen ist, aber kaum eigene Einnahmen hat, dafür aber immense Ausgaben zum Beispiel für Kinderbetreuung oder Kranken­anstaltenbeiträge und so weiter.

Die populistischen Forderungen nach einem Fixbetrag pro Kopf gehen total an diesen Bedürfnissen der einzelnen Gemeinden vorbei. Um eben im Moment mit diesen Bedürfnissen umzugehen, gibt es ein irrsinniges Geflecht an Transferzahlungen und Kofinanzierungen. Es gibt bekannterweise Schätzungen, wonach es in Österreich über 50 000 Quertransaktionen gibt. Das ist ein irrsinniges Geflecht, das ist ein irrsinniger Verwaltungsaufwand, und das gilt es einfach zu entwirren und zu vereinfachen, um bedarfsgerechter zu werden.

Das Ziel muss es sein, die Mittel aufgabenorientiert zu verteilen. Das gilt eben beson­ders zum Beispiel für die Ausgaben für Kinderbetreuung, Bildung und Gesund­heit. Es braucht neben der Bevölkerungszahl noch weitere Indikatoren. Aus unserer Sicht braucht es dazu eine Basisfinanzierung, die die Basisaufgaben, die durch­schnittlich immer gleich bleiben – wie Verwaltungskosten und Straßeninstandhal­tungskosten –, finanziert. Dann braucht es eine Finanzierung für Sonderlasten, eben zum Beispiel für eine niedrige Siedlungsdichte, für überdurchschnittlich hohe Versor­gungserforder­nis­se – zum Beispiel viele Kinder, viele ältere Personen – oder Berglage; auch wie viel öffent­licher Verkehr in der jeweiligen Kommune vorhanden ist, muss bei den Sonderlasten miteinberechnet werden.

Es soll auch noch individuelle Schlüssel für die zentralörtlichen Funktionen geben. Derzeit gibt es schon Bundes-, Landes- und Bezirkshauptstädte, Schulstädte und Kulturzentren, aber es soll individueller und nicht nur so nach Einwohnerzahl pau­schaliert gehen wie bisher. Das ist eine große Herausforderung, aber es wird derzeit schon in anderen Ländern – zum Beispiel in ganz vielen Nachbarländern von uns – so


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