BundesratStenographisches Protokoll850. Sitzung / Seite 91

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den. Herr Kollege, frag einmal die Busfahrer, was die erzählen! Da wird immer bei einer Raststelle stehengeblieben, nachher sind auf einmal zehn Leute weniger da. Kein Mensch weiß, wo diese Leute untertauchen. Und die will man jetzt überwachen.

Aber: Wir schaffen das, hat es letztes Jahr geheißen. – Unsere Regierung sieht jetzt, dass wir das Ganze nicht schaffen. Es ist auch gut so, dass man zu dieser Einsicht besser spät als nie gekommen ist.

Und wir haben natürlich als freiheitliche Fraktion Verständnis dafür, Herr Kollege Mayer, dass wir neue Befugnisse brauchen. Aber wir sollten in so sensiblen Bereichen keine Ho-Ruck-Aktion machen und warnen davor.

Und bei aller Kritik, die ich Ihnen hier nicht ersparen kann, möchte ich mich trotzdem im Namen des freiheitlichen Parlamentsklubs herzlich dafür bedanken, dass wir – das muss ich schon sagen – relativ gut eingebunden waren, dass Sie, Frau Minister, einige Punkte noch im Innenausschuss des Nationalrates aufgenommen haben, leider nicht alle.

Der große Kritikpunkt, den es von unserer Seite gibt, ist zum Beispiel der mangelnde Rechtsschutz, den wir hier befürchten. Warum? – Beim Staatsgrundgesetz geht es um Eingriffe in Bürgerrechte, um eine große Anzahl von Befugnissen, die hier erteilt werden. Ich nenne hier nur V-Männer, die eingeschleust werden können. Und gerade bei V-Männern wissen wir aus der polizeilichen Praxis und auch aus der Recht­sprechung, da ist die Grenze zwischen der erlaubten Informationseinholung auf der einen Seite und dem verbotenen Lockspitzeln auf der anderen Seite sehr, sehr schmal. Und es gibt auch sensible Bereiche, die durch das Staatsgrundgesetz betroffen sind. Warum? – Weil es hier bereits um die Wahrscheinlichkeit eines verfassungsgefähr­denden Angriffs geht. Da braucht es also noch gar keine Straftat. Und es ist klar, dass es hier Befugnisse braucht. Aber unserer Meinung nach wäre ein besserer umfas­sen­der Rechtsschutz, als er durch den bestehenden Rechtschutzbeauftragten beim Innen­ministerium gegeben ist, notwendig.

Wir haben daher im Zuge der Verhandlungen ersucht, dass wir einen Rechts­schutz­senat bilden – bestehend nicht aus einer Einzelperson, sondern als Kollegialorgan aus drei befähigten Personen –, der sich jeden Einzelfall vor einer Überwachung ansieht und dann mit Mehrheitsbeschluss die Genehmigung erteilt. – Das war leider nicht der Fall. Sie haben diesen eingeschränkten Senat leider nur für zwei Ermittlungsarten in das Gesetz aufgenommen. Das ist zwar ein erster richtiger Schritt, wir hätten uns hier aber höchste Qualität beim Rechtsschutz gewünscht. Es ist mir schon klar, dass man in der Politik und bei der Gesetzgebung manchmal Kompromisse eingehen muss. Beim Rechtsschutz, bei Bürgerrechten ist aus meiner Sicht, ist aus unserer Sicht ein solcher Kompromiss in dieser Form leider nicht möglich und nicht geglückt.

Und ein zweiter Punkt, den ich ansprechen möchte und der mir nicht ganz klar ist, ist, wie man auf den Deliktkatalog gekommen ist, der im Staatsgrundgesetz Erwähnung findet. Da geht es ja darum, welchen Deliktarten diese Befugnisse zugeteilt werden. Ich bin der Überzeugung, dass die Verhältnismäßigkeit hier nicht überall gewahrt ist.

Ein Beispiel: Da gibt es den § 282a Strafgesetzbuch, der lautet: „Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten“. Wenn ich ein umgangssprachlich formuliertes Antiterrorgesetz beschließe, das hier in diesem Be­reich und aufgrund dieser Vorkommnisse Befugnisse einrichtet, dann wäre ich schon der Meinung gewesen, dass man Aufforderung zu terroristischen Straftaten natürlich in das Gesetz aufnimmt. – Hat man nicht gemacht.

 


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