BundesratStenographisches Protokoll850. Sitzung / Seite 146

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70 Prozent über dem OECD-Durchschnitt, und wir haben, um das auch handeln zu können, um 60 Prozent mehr Spitalsbetten als der OECD-Durchschnitt.

Laut Rechnungshof können im Spitalswesen 4,75 Milliarden € eingespart werden, und er meint damit nicht eine Qualitätssenkung für die Menschen in diesem Land. Diese Problematik ist schon lange bekannt. Und die Stärkung des extramuralen Bereichs: Das ist ein Schlagwort, das ich kenne, seit ich politisch tätig bin, geschehen ist praktisch nichts.

Wenn es stimmt, was viele sagen, dass die Spitäler die Spielwiese der Länder sind, der Bund wenig Einflussmöglichkeiten hat und diese nicht einmal optimal nutzt: Kann da der Bundesrat in diesem Bereich nicht mehr tun, um substanzielle Lösungen und Wege in diesem Bereich zu finden, welche die akuten Probleme auch tatsächlich angehen? Denn: Zuschauen ist meiner Meinung nach nicht mehr lange möglich, es gehen uns die Ärzte aus!

Und das ist eigentlich eine paradoxe Situation, denn Österreich hat pro Kopf mehr Ärzte als andere Industrienationen. Nirgendwo in Europa werden mehr Ärzte ausge­bildet als bei uns, aber mehr als jeder Zweite will hier nicht arbeiten! Bis zu 8 000 Ärzte sind laut Schätzungen in den letzten zehn Jahren ins Ausland gegangen, für den Steuerzahler bedeutet das jedes Jahr einen Verlust von 250 Millionen €. (Bundesrat Schennach: Sind ja viele deutsche Staatsbürger dabei!)

Und die Kur dafür? Man hält das lecke Fass voll, indem man oben noch mehr nachfüllt. (Bundesrat Schennach: Die deutschen Staatsbürger nicht vergessen!) – Wir haben sie trotzdem nicht hier! Sie bleiben eben nicht, und die Österreicher gehen auch. (Bundes­rat Schennach: Die kommen studieren!) Aber wie gesagt, wir füllen also in dieses lecke Fass noch mehr nach. Die neue Uni wird bis 2027 630 Millionen € kosten. Die medizinischen Universitäten verbrauchen ein Drittel des gesamten Unibudgets, und die Grenzen der Finanzierbarkeit sind insbesondere im Investitionsbereich eigentlich überschritten.

Ärzte wandern ins Ausland, in die Privatwirtschaft ab, als zweiten Fluchtweg oder als weiteren Fluchtweg in die Wahlarztpraxis. Die Patienten, die es sich leisten können, folgen ihnen dorthin oder gehen in die Privatordination des Herrn Primars. Diese Zwei-Klassen-Medizin bringt aber auch viele Ärzte in Gewissensnöte. Ein Originalzitat eines solchen Arztes:

Die Wahlarztpraxis war für ihn die Lösung, weil er sich dort den Patienten wieder so widmen kann, wie er sich das vorstellt, aber er hat ein schlechtes Gewissen, weil durch schlechte Rahmenbedingungen die Versorgung der sogenannten „Holzklasse“ immer schwieriger wird. – Zitatende.

(Bundesrätin Kurz: Was ist denn das für ein Ausdruck?!)  Das ist, wie gesagt, ein Originalzitat eines Arztes.

Werte Kollegen und Kolleginnen, ich führe bewusst keine Einzelfälle auf, die zu finden sind, um das dramatisch zu unterstreichen, aber ich bitte Sie dringend, lassen Sie uns die Strukturen ändern, um die Versorgung dieser sogenannten „Holzklasse“ sicherzu­stellen (Bundesrätin Kurz: Das ist wirklich ein blöder Ausdruck!) und die Arbeitsbedin­gungen im Gesundheitswesen so zu verändern, dass die Menschen dort ihrer Beru­fung – und für die meisten ist es eine Berufung! – mit Freude folgen können.

Die Bestimmungen, die wir heute beschließen, sind dafür nicht ausreichend, und es ist auch nicht das neue Arbeitsgesetz schuld und damit die EU. Damit hat sich eigentlich nur ein gewachsenes Problem zugespitzt, zum Beispiel dass Ärzte bei uns Dinge machen, die international Aufgabe von Pflegern und administrativem Personal sind, und dass die Grundgehälter der Ärzte schlicht zu niedrig sind. Da kommt mit dem euro-


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