BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 43

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Sachwalterschaft bedeutet. Die Sachwalterschaft bedeutet, dass die Geschäftsfähig­keit des Betroffenen substituiert wird durch einen anderen. – So.

Man hat das Gefühl, dass damit auch sichergestellt werden kann, dass jemand sozusagen nicht am Geschäftsleben teilnimmt, der eben nicht mehr geschäftsfähig ist, was ein Schaden für sonstige Beteiligte am Geschäftsleben wäre, weswegen man die Sachwalterschaft braucht. Das scheint mir etwas zu kurz gedacht zu sein. In Wirklichkeit geht es doch in vielen Fällen darum, dass einige wesentliche Entschei­dungen zu treffen sind, wo man die betroffene Person unterstützen kann und muss, aber es ist nicht notwendig, ihr gleich generell die Geschäftsfähigkeit abzusprechen und sie voll zu besachwalten.

Die Beschwerdefälle, die es diesbezüglich gibt, beziehen sich ja eigentlich auf zwei Dinge: einerseits darauf, dass immer wieder gesagt wird, es wird zu schnell und zu leichtfertig die volle Sachwalterschaft vom Gericht verhängt oder beschlossen, ande­rerseits aber auch – das darf man auch nicht vergessen! – auf die tatsächliche Umset­zung der Sachwalterschaft durch die beauftragten Sachwalter, was auch immer wieder Anlass zu Beschwerden gibt, weil – berechtigt oder nicht – viele Verwandte sagen, sie kommen gar nicht an den Sachwalter heran, er spricht nicht mit ihnen, weil er keine Zeit hat und Ähnliches mehr. In beiden Bereichen, so glaube ich, muss man ansetzen, und das wollen wir auch mit unserer Reform.

Wir wollen eine neue Form der Sachwalterschaft schaffen, die einfach die Geschäfts­fähigkeit nicht völlig negiert, sondern mit einer entsprechenden Unterstützung in der Entscheidungsfindung sicherstellt, dass die wesentlichen Entscheidungen von dem Betroffenen mithilfe einer anderen Person – im Idealfall einem Verwandten als Ver­trauensperson – getroffen werden können, so weit das geht und so lange es geht. Der Kern der Reform soll sein, dass die Freiheit der Willensbildung, die Autonomie der Betroffenen so lange wie möglich aufrechterhalten werden soll. Das ist unser Ziel, und ich glaube, dass das geht.

Wenn wir es schaffen, dass dann auch die Betreuung und die Unterstützung durch jemanden erfolgen kann, der eben ein Naheverhältnis zu der betroffenen Person hat, dann werden wir, meine ich, auch diesen zweiten Punkt der Kritik entsprechend berücksichtigen können mit einer neuen Form der Sachwalterschaft, die natürlich eine aufwendigere Betreuung bedeutet, das muss man auch klar sehen.

Das wird auch genau das sein, wo wir werden kämpfen müssen, weil natürlich mehr Budget erforderlich ist, wenn ich im Rahmen einer Sachwalterschaft eine persönliche Betreuung sicherstelle, als wenn ich als Richter in wenigen Minuten einfach eine Sach­walterschaft als gerichtlichen Beschluss diktiere. Das ist relativ schnell geschehen, das ist rasch geschehen, und Richter gibt es sowieso, das kostet nichts zusätzlich, aber die Vermeidung dieser letztlich doch zu zahlreichen Sachwalterschaften, die Sicherstellung eines menschenwürdigen Vertretungssystems in diesem Bereich, das, meine ich, wird aufwendiger sein.

Das wird mehr Aufwand verursachen – wenn Sie so wollen, mehr Geld kosten –, aber ich glaube, es ist eine gute Investition. Das ist eine Investition in die Betroffenen und deren Menschenwürde, und daher, so denke ich, müssen wir es tun und müssen es gegebenenfalls auch durchkämpfen.

Wir werden, glaube ich, bis Sommer so weit sein, dass wir auf Basis der Erfahrungen, die wir mit den Pilotversuchen, die es ja schon gibt, sammeln konnten, im Rahmen der Arbeitsgruppen konkrete Vorschläge erarbeitet haben. Im Sommer müsste es dann eigentlich auch möglich sein, dass wir etwas vorlegen, das auch begutachtet werden kann. Ich bin jetzt bewusst ein bisschen vorsichtig, weil es durchaus eine große Reform ist, die wir hier angehen wollen, und durchaus auch in Übereinstimmung und in


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