BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 73

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Es ist auch interessant, wie das Justizministerium gewisse Initiativen einschätzt – es ist ja immer eine Bewertung dabei. Da wird teilweise ganz freundlich dazugeschrieben: „Österreich sieht“ der Initiative „mit Interesse entgegen“. Oder sehr oft steht einfach dabei: „Ein Vorschlag bleibt abzuwarten.“

Es ist schon so, dass mich das an so vieles erinnert, was wir in der Europäischen Union leider erleben müssen: dass Beamte seitenlange Papiere, Stellungnahmen, Gut­achten verfassen, die am Ende des Tages nichts aussagen und auch nichts wert sind, dass nur Gemeinplätze vermittelt werden – wie wir das leider auch jetzt in der Flücht­lingskrise erleben müssen, bei der es keine europäische Solidarität gibt, bei der aber alle große und sehr blumige Worte finden, und dann, wenn es darum geht, wirklich anzupacken, wirklich Lösungen anzubieten, ist die EU offensichtlich machtlos. Das ist im Allgemeinen von unserer Seite dazu zu sagen.

Inhaltlich, zum Teil des Strafrechts, halte ich für die freiheitliche Fraktion fest, dass wir eine Angleichung des materiellen Strafrechts quer über alle souveränen Staaten sehr kritisch sehen. Ich muss schon sagen: Ich vertraue viel lieber und viel eher in unser eigenes österreichisches Rechtssystem, als dass ich eine Nivellierung nach unten auf gesamter europäischer Ebene in Kauf nehmen möchte.

Ein Punkt aus dem Bericht, den wir klar ablehnen, ist die Einführung einer Euro­päischen Staatsanwaltschaft. Wir sehen das aus dem Grund kritisch, weil es auch darum gehen soll, dass die Europäische Staatsanwaltschaft anstatt der nationalen Staatsanwaltschaften eine Anklage erheben soll. Wenn man sich die Begründung ansieht, warum diese Europäische Staatsanwaltschaft notwendig sein soll, dann liest man, dass es vor allem um Betrugsdelikte zum Nachteil der EU geht und dass die Kritik anscheinend daran liegt, dass die nationalen Justizbehörden „unzureichend“ tätig sind.

Meine Damen und Herren, da wäre es aber schon sinnvoller, wenn man die nationalen Justizbehörden stärker in die Pflicht nähme, anstatt unsere nationalen Rechte teilweise und schrittweise immer mehr an die EU abzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei aller Kritik gibt es aber auch einen Punkt, den wir durchaus positiv sehen – obwohl man auch hier nur abwarten und nicht sagen kann, wie es wirklich ausgehen wird. Als positiver Punkt ist zur Abwechslung die Einführung eines Strafregisterinformations­systems geplant, bei dem es darum geht, verurteilte Drittstaatsangehörige auf euro-päischer Ebene gesamthaft zu erfassen. Das wäre natürlich ein richtiger Schritt, aber wir wissen nicht, wie das Ganze weitergeht.

Zum Zivilrechtsteil ist die Argumentation von meiner Seite im Grunde genommen gleich. Es gibt auch da sehr wenige konkrete Vorschläge und es bestehen sehr viele Unklarheiten. Zudem besteht auch oft gar kein Bedarf an europäischen Regelungen – das ist auch in gewissen Punkten die Meinung des Justizministeriums, was man sieht, wenn man den Bericht liest. Ein Punkt beim Zivilrecht ist aus meiner Sicht – und ich sage das ganz klar – völlig sinnbefreit, wenn man plant, die Gründung einer euro­päischen GmbH zuzulassen, mit einem einzigen Euro Stammkapital – quasi keine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern eine Gesellschaft ohne Haftung. Und dazu sagt, Gott sei Dank, auch unser Justizministerium, dass durchaus die Gefahr besteht, dass damit auf europäischer Ebene unseriöse Firmengründungen sozusagen unterstützt werden würden.

Wir können aus den genannten Gründen diesem Bericht keine Generalvollmacht ertei­len und werden dem Bericht in seiner derzeitigen Form nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.41

 


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