BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 78

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kein weiterer strafgesetzlicher Umsetzungsbedarf in Österreich ergeben wird. – Das wollen wir auch so hoffen.

Weiters will sich die Kommission auch verstärkt der operativen Zusammenarbeit als Fundament für das gegenseitige Vertrauen in einem Raum des Rechts und der Grundwerte widmen. Die Haltung der österreichischen Regierung dazu ist eher zurück­haltend, wenn nicht sogar ablehnend. Konkret wird das sichtbar, wenn es um Ehe, Scheidung, aber auch um die damit verbundenen Rechtsfolgen geht; die Kollegin von der SPÖ hat es vorhin schon erwähnt. Wenn wir uns anschauen, wie aktuell die europäischen und österreichischen Grundwerte und Freiheiten, wie Toleranz und Menschenrechte, wie im Zirkus aufgeführt werden, als Errungenschaften dargestellt werden, dann ist es schon fraglich, wieso wir hier einen Halt machen.

Bei etwaigen Anpassungen über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Voll­streckung von Entscheidungen in Ehesachen und auch in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung lesen wir sofort die Befürchtung heraus, dass die Diskussion um „same-sex-marriage“ ja auch in diese Brüsseler Verordnung importiert werden könnte.

Bei den Verordnungen im Bereich des Ehegüterrechts, die eine Erhöhung der Rechts­sicherheit bezwecken sollen, oder bei der Vereinheitlichung der Regeln des inter­nationalen Zivilverfahrensrechts und des internationalen Privatrechts – damit ist zum Beispiel gemeint, dass es Paaren erleichtert werden soll, ihre güterrechtlichen Bezie­hungen in Fällen mit Auslandsbezug zu regeln und ihre güterrechtlichen Ansprüche in ganz Europa auch durchzusetzen – ist die österreichische Haltung mehr als zurück­haltend.

In der Frage, ob und inwieweit diese Ehegüterverordnung auch auf gleichge­schlecht­liche Ehen angewendet werden müsste, wie Sie gerade vorhin erwähnt haben, heißt es, dass es eben den einzelnen Mitgliedstaaten freistehen müsse, zu bestimmen, was denn in Europa eine Ehe ist, was als Familie anerkannt wird, was eine Partnerschaft dazu berechtigt, Anerkennung und rechtlichen Schutz zu finden.

Ich finde, dass es in Europa im 21. Jahrhundert eigentlich nicht sein kann, dass 500 Kilo­meter weiter die Rechtsfolgen ganz andere sind und es 300 Kilometer weiter keinerlei Rechtssicherheit mehr gibt, wenn es um die Ehegüter geht, und da sind gleichge­schlechtliche Partnerschaften mit eingeschlossen.

Ich finde auch, Herr Bundesminister, dass sich Österreich hier tatsächlich einen Ruck geben sollte. Sie werden wissen, dass die Befürwortung der Eheöffnung in der öster­reichischen Bevölkerung mittlerweile bei 70 Prozent liegt; für viele ist das mittlerweile ein leidiges Thema. Und auch die Petition „Ehe gleich“ hat knappe 50 000 Unter­schrif­ten gesammelt.

Auch läuft jetzt gerade in Österreich ein Verfahren, in dem es sehr stark um das Kindeswohl geht, da seit Jahresanfang die Adoptionsrechte uneingeschränkt gelten, diese Kinder aber keine Eltern im Sinne der Ehe haben können.

An diesem Beispiel wird auch verständlich, wieso nicht nur in der Einleitung, sondern immer wieder im Text Folgendes vorkommt – ein Zitat; ich lese vor –: „Nur vollständig und einheitlich umgesetzte und in der Praxis korrekt angewendete Rechtsakte, die zudem auch keine finanziellen Mehrkosten für die Mitgliedstaaten verursachen, bringen den erwünschten Nutzen für die Bürger und Bürgerinnen.“

Das mag zwar korrekt sein, ist aber zugleich sehr wenig zukunftsorientiert, wenn nicht schon ein wenig geizig. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Kurz.)

13.02

 


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