BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 85

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europa massiv Asylanträge gestellt, und auch das müssen wir im Blick haben. Ich war vor einigen Wochen bei einer Tagung des Europarates in Bulgarien, und da hat beispielsweise eine bulgarische Politikerin erzählt, sie haben konkret 5 000 Unterbrin­gungsplätze für Asylsuchende vorbereitet, aber es sind nur 15 Prozent belegt – und das, obwohl Bulgarien ein Nachbarland der Türkei ist.

Das ist ein Beweis dafür, dass Migration nicht nur mit Faktoren zu tun hat, die klare Fluchtgründe aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen sind, sondern dass, und so hat es der Bundesminister auch immer prophezeit, auch ökonomische Motive – die, wie du sagst, natürlich aus der Perspektive des Einzelnen verständlich sind – ein Grund dafür sind, dass gewisse Länder, konkret im großen Ausmaß drei Länder in der Europäischen Union, als Zielländer angestrebt werden.

Das wird auch so bleiben, wenn wir nichts unternehmen. Es gibt ein paar ganz nackte Zahlen dazu: Europa hat 8 Prozent der Weltbevölkerung, Europa erwirtschaftet 25 Pro­zent der Weltwirtschaftsleistung, aber in Europa, und da ganz speziell in Mitteleuropa, werden 50 Prozent aller Sozialleistungen weltweit ausbezahlt. Und natürlich ist es das Werbeprogramm der Schlepper und verständlicherweise der Traum vieler Menschen auch auf anderen Kontinenten, in anderen Regionen, in dieses System zuzuwandern und zu migrieren.

Es waren eben unser Außenminister und unsere Innenministerin, die gesagt haben, es kann so nicht weitergehen, dass zum Beispiel in Slowenien im Jahr 2015 zirka 1 000 Menschen Asylanträge gestellt haben, in Österreich aber 90 000. So war es auch ein besonderes Verdienst unseres Außenministers, auch unsere Regierungsspitze, sprich unseren Bundeskanzler davon zu überzeugen, dass wir da einen anderen Weg einschlagen müssen. Es ist die Ironie der Geschichte, dass auch Bundeskanzler Faymann jetzt beispielsweise das Wort „Obergrenze“ dauernd in den Mund nimmt und sie auch verteidigt, während er vor zwei Monaten noch anders geredet hat.

Jetzt, lieber Herr Außenminister, bist du auch in Europa gut unterwegs, wenn du sagst, wir müssen vom Reden ins Tun kommen, wir müssen zu europäischen Lösungen kommen, denn es zeigt sich eines leider in Europa, in der EU ganz deutlich: Europa ist weniger eine Wertegemeinschaft, wenn es darauf ankommt, sondern Europa ist im größeren Ausmaß eine Interessengemeinschaft; und Europa wird dann handeln, wenn es gemeinsame Interessen hat. Es ist richtig, dass wir aus unserer Perspektive aufzeigen müssen, dass dieses Flüchtlingsproblem nicht nur in wenigen Staaten inner­halb Zentraleuropas gelöst werden kann. Deswegen auch diese klare Haltung: Schließung der Balkanroute und ganz klar auch der Versuch der Rückkehr zu den Dublin-Verfahren.

Es geht einfach nicht an, dass viele Länder auf der Tribüne sitzen und zuschauen, wie wir uns auf dem Spielfeld der Migration abmühen – und der Großteil bleibt untätig. Auch hinsichtlich des schwierigen Punktes bezüglich des Abkommens mit der Türkei muss man unserem Herrn Außenminister dazu gratulieren, dass er schon vor langer Zeit gesagt hat, ein Vertrag mit der Türkei kann ein Mosaiksteinchen sein, aber wir brauchen auf jeden Fall, auch um nicht erpressbar zu sein, eine klare gemeinsame europäische Lösung.

Deswegen, lieber Herr Außenminister, Gratulation einerseits zu deinem ersten Jahr, das in diesem Bericht festgehalten ist. Der Bericht für 2015 wird dann folgen. Der wird aus außen- und europapolitischer Sicht ebenso spannend oder noch spannender und auch so positiv sein. Ich möchte dir einfach für die Zukunft viel Kraft und Durch­haltevermögen in deiner politischen Mission wünschen.

Eine erfolgreiche Europa- und Außenpolitik ist, wie anfangs schon erwähnt, das Funda­ment für eine gute Zukunft unseres Landes, auch damit wir schlussendlich das höchste


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