BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 104

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Sicher­heit sind, und nicht mehr die Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben in Mitteleuropa sind. Beide Ziele sind völlig legitim und menschlich nachvollziehbar, aber nur dem einen Ziel werden wir entsprechen können.

Das Hauptthema – und ich habe jetzt schon viel vorweggenommen – des Arbeits­programms für 2016 ist selbstverständlich die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Auch die niederländische Präsidentschaft hat sich zu Recht diesen Schwerpunkt gesetzt. Ich darf aber vielleicht noch ganz kurz auf ein paar andere Themen eingehen, die ange­sprochen worden sind.

Meine Meinung zum Freihandel ist eine sehr klare: Gerade als exportorientiertes Land wie Österreich, das 6 von 10 € im Export beziehungsweise im Ausland verdient, sind wir natürlich davon abhängig, dass es die Möglichkeit zum weitestgehenden Frei­handel gibt, und insofern bin ich auch ein absoluter Befürworter des Freihandels.

Dass das nicht bedeutet, dass unsere Standards nach unten nivelliert werden sollen, das ist genauso klar. Ich hätte mir in den Verhandlungen oftmals mehr Transparenz gewünscht, aber ich bin durchaus der Meinung, dass es hier am Ende des Tages einen für uns auch positiven Abschluss geben kann. Ob dieser Abschluss von TTIP noch in dieser Legislaturperiode realistisch ist, das weiß ich nicht, da auch die Entwicklungen in den USA welche sind, die hier eine wesentliche Rolle spielen.

Was die Situation mit Griechenland betrifft, kann ich nur noch einmal wiederholen, was ich vorhin schon gesagt habe: Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist, Griechen­land zu unterstützen. Aber nicht nur in der Finanzkrise, sondern auch in der Flücht­lings­krise haben wir erlebt, dass Griechenland leider Gottes ein Staat ist, der manch­mal auch ein Stück weit Druck braucht, um sich helfen zu lassen. In den letzten Wochen haben wir gesehen, dass eine starke Dynamik in Griechenland entstanden ist und diese Hilfe jetzt auch angenommen worden ist. Das ist im ganzen vergangenen Jahr 2015 nicht der Fall gewesen.

Dass es nicht möglich war, mit Griechenland an einem Strang zu ziehen, was das Beenden des Weiterwinkens betrifft, finde ich sehr schade. Aber leider Gottes hat uns Griechenland bei allen Sitzungen, bei denen ich war, ganz eindeutig signalisiert, dass es nicht bereit ist, darüber zu verhandeln, wie wir das Weiterwinken beenden können, sondern dass es nur bereit ist, darüber zu sprechen, wie das Weiterwinken perfek­tioniert werden kann. Das ist aus griechischer Perspektive verständlich, aber es ist mir als österreichischem Außenminister schon auch notwendig erschienen, auch hier auf die österreichischen Interessen zu schauen und vor allem auch nach einer euro­päischen Lösung für die Krise zu suchen.

Das Weiterwinken bis nach Mitteleuropa wird niemals die europäische Lösung sein, weil es nur dazu führt, dass sich mehr und mehr Menschen auf den Weg machen und einige wenige mitteleuropäische Staaten als Zielländer die allein Betroffenen sind. Alle anderen werden uns dabei zusehen, und das wird sicherlich am Ende des Tages keine europäische Lösung sein.

Die Griechen haben sich dazu entschieden, die Botschafterin zu Konsultationen nach Griechenland zu beordern. Das ist das gute Recht einer Regierung, das respektieren wir. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Botschafterin die Möglichkeit wahrgenom­men hat, der griechischen Regierung zu schildern, wie groß die Herausforderungen für ein Zielland sind. Ich glaube, dass es auch eine Chance ist, in Griechenland ein Be­wusst­sein dafür zu schaffen, dass wir als Österreich ungefähr dreimal so viele Flücht­linge haben wie Griechenland derzeit, obwohl unsere Länder ungefähr gleich groß sind. Wir stemmen das ohne internationale Hilfe, ohne europäische Hilfe, ohne bilate­rale Hilfe.

 


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