90 Prozent – Frauen. Das heißt aber auch, dass Frauen nicht nur ihre Angehörigen pflegen, sondern daneben sehr oft erwerbstätig sind. Der Väteranteil, auch das haben wir heute schon gehört, liegt nach wie vor bei 5 Prozent. Da gibt es auf jeden Fall sehr viele Maßnahmen, die noch greifen müssen, denn umgekehrt bedeutet das, dass 95 Prozent der BezieherInnen Frauen sind.
Ebenfalls schon gehört haben wir, dass dies vor allem daran liegt, dass Frauen in Branchen arbeiten, die niedrig entlohnt werden, und es deshalb zu gravierenden Lohnunterschieden kommt, aber sie werden auch schon bei ihrem Jobeintritt sehr oft niedriger eingestuft als Männer – das heißt: geringerer Lohn für die gleiche Arbeit. Durch Babypausen, Familienbetreuungs- und Pflegearbeit sind Frauen zudem vielfach auf Teilzeitarbeit angewiesen.
Ja, ich vertrete die Forderung nach einer grundsätzlichen Arbeitszeitverkürzung für Frauen und Männer, aber vor ein paar Jahren gab es eine Studie, wonach 53 Prozent der teilzeitarbeitenden Frauen gesagt haben: Hätte ich einen Betreuungsplatz für mein Kind, würde ich Vollzeit arbeiten.
Das heißt, Frauen haben nach wie vor aufgrund dieser Hürden weniger Aufstiegsmöglichkeiten. Ihr Einkommen steigt weniger stark an als das der Männer, und Frauen bekommen seltener Notstandshilfe oder Ausgleichszulage in der Pension, weil das Einkommen des Partners oder Unterhaltsleistungen angerechnet werden.
Dazu gibt es im Bericht ganz konkrete Zahlen, und zwar wurden durch die Berücksichtigung des Partnereinkommens bei der Bewilligung und Berechnung der Notstandshilfe im Jahr 2014 über 16 000 Anträge abgewiesen. 82 Prozent dieser Ablehnungen entfielen auf Frauen. Die Regelung in der derzeitigen Form stellt also die eigenständige Absicherung von Frauen grundsätzlich in Frage.
Damit die Gleichstellung tatsächlich vorankommt, reicht es nicht, nur ein paar Maßnahmen zu treffen. Es braucht eine Umverteilung von Zeit, Arbeit und Einkommen genauso wie eine steuerliche Entlastung, die vor allem Frauen zugutekommt – das wird sehr oft vergessen. Ein ganz wichtiger Schlüssel ist meiner Meinung nach auch eine Umverteilung der Sorgearbeiten, damit Frauen nicht nur entlastet werden, sondern auch mehr Chancen am Arbeitsmarkt bekommen, denn Frauenerwerbseinkommen sind schon lange nicht mehr oder waren noch nie ein reiner Zuverdienst.
Wir brauchen nach wie vor sehr vieles. Zum einen müssen wir die Lohnerhöhungen in Niedriglohnbranchen angehen, zum anderen brauchen wir natürlich auch elternfreundliche Beschäftigungsverhältnisse. Wir brauchen einen Ausbau der sozialen Infrastruktur – ob es um Kinderbetreuung, Pflege oder Bildung geht. Wir brauchen eine tatsächliche Reform des Kinderbetreuungsgeldes genauso wie transparente Ausschreibungen und Bewerbungsverfahren, aber auch die Besserstellung von Teilzeitarbeit und den Ausbau von qualifizierter Teilzeitarbeit, weil Teilzeitarbeit ja nicht grundsätzlich schlecht ist.
Auf zwei Aspekte möchte ich noch kurz näher eingehen, und zwar auf die Einkommenstransparenz in Österreich und das sogenannte Gender Budgeting. Abgesehen davon, dass Österreich hinsichtlich der Einkommensschere nach wie vor diesen stolzen vorletzten Platz vor Malta belegt, hat sich auch bezüglich Transparenz bei den Einkommen sehr wenig getan. Auf Ihre Initiative hin, Frau Bundesministerin, wurden 2010 die verpflichtenden Einkommensberichte eingeführt.
Was geschieht, wenn Unternehmen dem nicht nachkommen? – Nichts. Und was ge-schieht, wenn sie dem nachkommen? – Auch nicht viel mehr. Die Berichte erhalten nämlich nur die Betriebsräte oder gar der Zentralbetriebsrat, die damit – unter Strafandrohung – natürlich nicht an die Öffentlichkeit gehen dürfen, aber auch de facto keine
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