BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 17

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Quellen, aus anderen Situationen heraus Asylantragstellungen in Österreich in einer Größenordnung von 100 bis 120, plus/minus schwankend.

Das hat verschiedene Ursachen, weil sich natürlich die Situation in Griechenland bis dato nicht entspannt hat, weil die Situation in Libyen zunehmend dramatischer wird, weil sich auch die Fluchtrouten neu definieren, weil neue Migrationsrouten, neue Schlepperrouten entstehen. Schlepperrouten entstehen aktuell auch wieder über Serbien und Ungarn, trotz des Zauns gibt es dort durchaus Aufgriffe in einer Größen­ordnung von 200 bis 250 pro Tag, die Dunkelziffer wird wahrscheinlich höher sein.

Die Situation in Libyen muss ganz intensiv beobachtet werden. Da wird es durchaus Initiativen in den nächsten Wochen und Monaten dahin gehend geben, auf europä­ischer Ebene verstärkt die Mission „SOPHIA“ in Anspruch zu nehmen, um möglicher­weise auch dort in eine Beruhigungsphase eintreten zu können, aber das wird eine sehr schwierige Situation. Wir verzeichnen jedenfalls Zahlen, dass in der letzten Woche beispielsweise ungefähr 5 000 Menschen in Sizilien angekommen sind. Unsere Prognosen für die Entwicklung auf der Mittelmeer-Migrationsroute sind dramatisch. Dort werden die Zahlen kurzfristig, wenn sich die Wetterlage entsprechend entwickelt, dramatisch im Steigen begriffen sein.

Wir haben weiters eine Situation, dass, wenn man sich Europa anschaut, an den ver­schiedensten Grenzen, hauptsächlich an den verschiedensten Außengrenzen, Zaun­bauten entstehen. Ich habe heute früh wahrgenommen, dass auch Lettland zu Russland plötzlich ganz intensiv, natürlich mit Unterstützung der Europäischen Union, natürlich mit Geldern der Europäischen Union, seine Außengrenze mit einem Zaunbau schützt, weil auch dort die Gefahr besteht – wir haben Informationen, dass in Russland 16 Millionen Flüchtlinge aufhältig sind –, dass sich Migrationsströme entwickeln. Das heißt, gesamteuropäisch betrachtet – da bin ich schon ganz bei Ihnen –, fordern und wünschen auch wir uns eine europäische Lösung der Situation. Aber die europäische Lösung ist nicht in Griffweite, die europäische Lösung würde bedeuten, dass wir an der Außengrenze nach europäischen Maßstäben definieren, wer bekommt Asyl und wer nicht.

Eine europäische Lösung würde bedeuten, dass wir in weiterer Abfolge und infolge dieser Entscheidung dann auch definieren: Wie wird ein Asylwerber verteilt, welchem Land wird er zugewiesen? Eine europäische Lösung bedeutet aber auch in weiterer Folge, dass jene Menschen, die nach einer entsprechenden Entscheidung einen nega­tiven Asylbescheid bekommen, auch wieder in ihren Heimatstaat rückgeführt werden müssen.

Eine europäische Lösung bedeutet aber auch, dass es eine Sicherung der Außen­grenzen gibt. In all diesen Facetten, in all diesen Punkten gibt es keinen Horizont, wo eine europäische Lösung erkennbar ist. Ich sehe diesen Horizont nicht, wir alle sehen diesen Horizont nicht. Daher sind wir ganz einfach in der Situation, dass wir letztes Jahr 90 000 Asylanträge in Österreich hatten, dass wir im Verhältnis zu Deutschland, im Verhältnis zu Italien, die auch an der Fluchtroute liegen, im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten die meisten Menschen aufgenommen haben. Wir sind in einer Situation, wo wir uns auch künftig für die nächsten vier Jahre darauf verständig haben, sehr viele Menschen aufzunehmen.

Wenn das alle europäischen Staaten so machen würden, dann hätten wir keine Problemstellungen in dieser Art und in dieser Dimension, wie wir sie jetzt diskutieren, nur: Sie machen es nicht.

Daher sind wir in einer Situation, dass wir national gefordert sind, Maßnahmen zu setzen, die es uns ermöglichen, diese Zahlen und diese Belastungen zu minimieren. – So viel zur Ausgangssituation.

 


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