BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 40

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Begriff „Museum“ auseinandergesetzt, und zwar im International Council of Museums. Da heißt es – ich zitiere –: „Bewahrung von Kulturgütern, die sich aus vergangenen Generationen herleiten.“

So stellt sich auch die Wiener beziehungsweise die österreichische Museumsland­schaft dar: das Naturhistorische Museum, die Sammlung von Baillou, oder das Ethno­logische Museum, die Sammlung des großartigen britischen Seefahrers James Cook, oder international das British Museum, die Sammlung von Sloane. – All das beinhaltet das „Haus der Geschichte“ nicht! Es hat keine Sammlung. Sie bauen ein Haus ohne Sammlung, Herr Minister!

Die dritte falsche Erwartungshaltung betrifft vor allem die Architektur. Ein Museum ist eine Einheit von Innen und Außen. Zeitgeschichte gehört in einen zeitgenössischen Bau und nicht in eine Architektur aus der Habsburgerzeit. Dass das die Neue Burg ist, wissen alle Touristen, weil das der meistbegangene Pfad von Österreich ist: vom Michaelerplatz zur Hofburg über den Heldenplatz zum Maria-Theresien-Platz, wo rechts das Naturhistorische Museum und links das Kunsthistorische Museum ist. Das war Teil des Kaiserforums, der österreichischen Museumslandschaft, wo man die Sammlungen der Habsburger präsentieren wollte und auch präsentiert hat. Zum Teil wurde das umgesetzt, zum Teil ist das Kaiserforum ein Fragment geblieben.

Aber an diesem Ort ein Museum des 20. Jahrhunderts zu installieren, ist der falsche Weg, sehr geehrter Herr Minister!

Was entsteht in diesem „Haus der Geschichte“ wirklich? Beschäftigen wir uns einmal damit genau! – Es ist Historiographie, es ist Geschichtsschreibung. Das ist aber kein Museum! Es ist das Narrative, das Erzählende, und dafür eignet sich das Medium Internet heutzutage wesentlich besser. Deshalb gibt es ja die interaktive Plattform, ein Produkt der sogenannten „Industrie 3.0“ oder „Industrie 4.0“. Das ist das Internet!

Ein Beispiel gibt es ja auch schon, das an der Universität für Geschichtsforschung produziert wurde: „Die Welt der Habsburger“. Das ist eine perfekte Darstellung von habsburgischer Geschichte im Internet, eines der meistgelesenen historischen Web­sites weltweit – wesentlich billiger, wesentlich leichter abrufbar, wesentlich leichter verän­derbar, auch die Perspektiven können da verschieden loziert werden. Das ist in einem Museum nicht möglich, weil es viel zu teuer ist. Vor allem in diesem „Haus der Geschichte“ ist das nicht möglich.

Und was noch dazukommt bei dieser Darstellung des 20. Jahrhunderts, das in einem Habsburgerbau angesiedelt wird, ist viel zu viel Negativgeschichte. In der Forschung werden der Erste und der Zweite Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit in Österreich auch als 30-jähriger Krieg zusammengefasst. Viel Negativgeschichte wird nicht viele Besucher bringen, die wollen sich mit Positivgeschichte auseinandersetzen, mit der Gründerzeit, die mit diesem Habsburgerbau assoziiert wird – vor allem bei den Besuchern, aber nicht bei der Bundesregierung, nicht bei österreichischen Politikern! Die Zielgruppe sind Besucher, sind Touristen, und die wollen das sehen, was man mit Österreichs Geschichte assoziiert.

Sie, sehr geehrter Herr Minister, bauen kein Museum, Sie bauen Ausstellungen, wobei noch nicht einmal der Beirat bekannt ist, wie wir im Ausschuss gehört haben. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Sie benötigen Experten für museologische Einrichtungen, und die müssen permanent finanziert werden. Sie müssen die Ausstellungsräume jedes Jahr neu adaptieren, umändern und neu darstellen, weil Sie eben keine Samm­lung präsentieren können oder keine präsentieren wollen.

Fazit: Sie bauen ein Museum ohne Sammlung! Das heißt: Sie zäumen das Pferd von hinten auf. Sie schüren falsche Erwartungshaltungen beim Besucher durch falsche


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