BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 39

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Berichterstatterin Ana Blatnik: Frau Präsidentin! Gospa president! Herr Bundes­minis­ter! Gospod savezni minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 17. März 2016 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 29. März 2016 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Pisec. Ich erteile es ihm.

 


11.09.47

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, dieser Tagesordnungspunkt – ein kulturhistorischer – ist sehr interessant. Es handelt sich dabei um das „Haus der Geschichte“, so steht es im Gesetzestext, ein Museum in der Hofburg, in der Neuen Burg, genau gesagt: im Haupttrakt. Dass ein Pathos sich dahin­ter befindet, könnte man meinen, könnte man glauben, doch wenn man sich näher damit beschäftigt, wird das Ganze ziemlich rasch entkleidet. Es werden hier nämlich falsche Erwartungshaltungen geweckt, verbunden mit drei Begriffen, mit denen ich mich jetzt auseinandersetzen möchte, und zwar mit dem Wort „Geschichte“, mit dem Wort „Museum“ und mit dem Begriff „Architektur habsburgischer Monumentalbauten – die Hofburg“.

Warum? – Erstens: Es handelt sich dabei nicht, wie im Gesetzestext angeführt, um ein „Haus der Geschichte“, sondern um ein „Haus der Zeitgeschichte“, also um die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich – zweitens – um kein Museum, denn es ist keine Sammlung, keine Aufbewahrung von Dingen, kein Ort der Verwahrung. Und es ist drittens eine falsch gewählte Architektur, weil ein habsburgischer Monumen­talbau aus der goldenen Gründerzeit Österreichs, dem Fin de Siècle, dem Ende des 19. Jahrhunderts, einfach nicht passt zur Gegenwartsgeschichte, wie die Deutschen es sagen, oder zur Zeitgeschichte, wie es bei uns gesagt wird.

Ein Geschichtsbegriff der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät besagt – ich zitiere –: „Geschichte beschäftigt sich mit allen Epochen der Menschheitsgeschichte, in denen sich Kultur materialisiert, vom Faustpfand über das Geld bis zum Internet.“

Es geht da also um materielle Dinge, um ein „Reich der Dinge“, wie der französisch-polnische Philosoph Krzysztof Pomian den Ursprung des Museums nennt. Das „Reich der Dinge“ ist in diesem „Haus der Geschichte“ nicht vorhanden.

Was erwarten Besucher, wenn man mit dem Begriff „Geschichte Österreichs“ operiert, philosophiert, im Ausland damit Werbung macht? – Sie erwarten die Geschichte über 500 Jahre Habsburger als römische Könige und Kaiser in Wien oder 650 Jahre Wis­sen­schaftsgeschichte, wie sie das letzte Jahr an der Universität Wien gefeiert wurden, oder einen Überblick über 150 Jahre Prachtbauten, Prachtboulevard, Ringstraße in Wien als ehemaliges Zentrum des römischen Kaiserreiches. Stattdessen wird die Geschichte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. – Das ist eine falsche Begriffswahl!

Der zweite falsche Begriff ist „Museum“, wie schon kurz angeführt. Ein Museum ist eine Sammlung, eine Bewahrung, ein Ort, wo Verdinglichung stattfindet, damit es den Besuchern, den Touristen gezeigt werden kann. Die UNESCO hat sich auch mit dem


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