BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 51

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Das gegenständliche Projekt, nämlich das Haus der Geschichte Österreich, im Rah­men dieses Bundesmuseen-Gesetzes hat ja wirklich einen langen Bart, möchte man fast sagen, einen langen Vorlauf. Seit Jahrzehnten taucht diese Idee eines Hauses der Zeitgeschichte immer wieder auf, und viele Regierungen vor der derzeit im Amt befind­lichen haben bereits die Notwendigkeit einer solchen Institution erkannt. Wir haben heute die Chance – da stimme ich Kollegin Kern zu –, den Startschuss für dieses Projekt zu geben, um das endlich zu verwirklichen.

Wer nicht weiß, woher er kommt, weiß nicht, wohin er geht, lautet ein Sprichwort von Darius Romanelli. Der Sukkus aus diesem Zitat ist, aus der Geschichte zu lernen, und mir fallen zurzeit gerade unzählige Beispiele ein, dass es uns Menschen offensichtlich extrem schwerfällt, aus der Geschichte zu lernen. Beispielsweise wurde gestern von der oberösterreichischen Landesregierung angekündigt, dass es Menschen erster und zweiter Klasse geben soll, dass es Arme und noch Ärmere geben soll, dass die Mindestsicherung für verschiedene Gruppen unterschiedlich niedrig sein soll. (Bundesrat Kneifel: … Bundesmuseen-Gesetz! – Zwischenruf der Bundesrätin Posch-Gruska.)

Da denke ich mir, das ist wohl ein Beispiel dafür, dass sich die Geschichte und eben auch Diskriminierung und das Ausspielen von Bevölkerungsgruppen gegeneinander offensichtlich immer wieder wiederholen (Beifall bei SPÖ und Grünen), dass man willentlich den sozialen Frieden gefährdet und riskiert, dass die Gesellschaft auseinan­der­driftet und vor allem Kinder um ihre Zukunftschancen gebracht werden. Das macht mir Angst, und die Geschichte hat uns bereits gezeigt, wohin das führen kann. Indira Gandhi hat das so formuliert: „Die Geschichte ist der beste Lehrer mit den unaufmerk­samsten Schülern.“

Aber nun zurück zum Haus der Geschichte: Im Kulturausschuss vergangenen Diens­tag sagte der geladene Experte des Ministeriums im Zusammenhang mit diesem Gesetz sinngemäß, es gebe in Österreich keinen Mangel an Forschung und Arbeiten zur Zeitgeschichte. Das Wissen ist da, aber dieses Wissen existiert eben im Wesent­lichen bei ExpertInnen und bei Insidern. Der Mangel, sagte er, bestehe in der Vermittlung dieses Wissens.

Ich teile die Einschätzung von Kollegen Pisec nicht; für eine solch komplexe Materie wie Geschichte reicht das Zurverfügungstellen einer Homepage alleine nicht. Man weiß in der Pädagogik und im Speziellen in der Museumspädagogik, dass die Auseinan­dersetzung mit der Geschichte des Volkes (Bundesrat Pisec: Ja, aber da muss ich etwas ausstellen! Das stimmt schon, aber da muss ich etwas ausstellen! Es gibt aber nichts …! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Ostermayer), also letztendlich mit der eigenen Vergangenheit und damit der eigenen Identität, weniger über Vorträge oder Texte erfolgt. Dafür braucht es eine Auseinandersetzung auf mehreren Ebenen mit verschiedenen sensorischen Zugängen, und moderne Museumspädagogik bietet genau das. Sie ermöglicht die Auseinandersetzung mit historischen Gegebenheiten über unterschiedlichste Kanäle, und sie kann so guten Geschichtsunterricht ergänzen beziehungsweise bereichern.

Vom „Haus der Geschichte Österreich“ erhoffe ich mir aber nicht nur Geschichts­ver­mittlung, sondern auch politische Bildung. Ein Bereich, in dem in unserem Bildungs­system noch Nachholbedarf besteht, und da kommt dem Haus der Geschichte Österreich eine bedeutende Rolle zu. Kinder und Jugendliche sind explizit als Ziel­gruppe genannt, und ich bin überzeugt davon, dass es PädagogInnen und LehrerInnen dabei unterstützen wird, die oft komplexen Sachverhalte begreifbar, erlebbar zu machen, wie es beispielsweise in der Demokratiewerkstatt schon ausgezeichnet


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