BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 55

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Ich darf aber schon feststellen, dass es die wohlwollend aufgenommene Tendenz gibt, dass sich die Bundesregierung seit Kurzem aufgerafft hat und in diesen Berichten auch kritische Stellungnahmen abgibt. Damit entfernt sie sich von ihrer gebückten, devoten Haltung gegenüber der allmächtigen EU und präsentiert sich etwas aufrechter im Sinne der österreichischen Bevölkerung.

So ist es auch in diesem Bericht. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass es doch einige kritische Anmerkungen gibt: Seitens der österreichischen Bundesregierung wird der Mehrwert der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion nicht erkannt. Bei der Einführung der Europäischen Einheitlichen Eigenerklärung wird eine erwartbare Erhöhung des Verwaltungsaufwands erkannt, deren Umfang nicht abzusehen ist.

Besonders positiv möchte ich die Haltung der Bundesregierung in Bezug auf den Datenschutz hervorheben. Es gab nicht nur eine Gegenstimme und eine Stimm­enthaltung bei der Annahme der Datenschutz-Grundverordnung und der Daten-schutzrichtlinie. Auch die kritische Haltung zum Umbrella Agreement und zum Privacy Shield – das ist die Nachfolgeregelung von Safe Harbor – ist positiv hervorzuheben. Dabei geht es hauptsächlich um die beiden offenen Punkte, nämlich den Zugriff auf Daten seitens amerikanischer Geheimdienste und die Frage der Klagemöglichkeiten für Nicht-Amerikaner. Das ist noch offen und bildet auch den Kern der Verhandlungen. Das Engagement in diesen Bereichen sei hier positiv angemerkt.

Das Negative ist, dass diese seitens der Kommission und des Rates in Aussicht genommenen Vorhaben trotz der Einwendungen Österreichs wohl doch umgesetzt werden. Das heißt, Österreich wird sich unterwerfen müssen, weil – wie man sieht – dem Grundsatz der allgemeinen Beschlusslagen mittlerweile ein mehrheitliches Ab-stimmungsergebnis gefolgt ist. Daher wird das wohl eine interessante Geschichte werden.

Die inhaltlich verschiedenen Positionen sind nicht immer unbedingt im Sinne der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen Verwaltung – Stichwort Euro­päische Einheitliche Eigenerklärung. Das wurde von Ihnen, Frau Staatssekretärin, und von der Bundesregierung in kritischer Weise angemerkt. Das wird aber trotzdem kom­men und die Ressourcen der Republik und die österreichische Bevölkerung belasten.

Besonders interessant ist die Haltung der EU bei den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich. Dabei gibt es höchst differenzierte Zugänge zwischen der EU und Großbritannien, wobei, wie ich dem Bericht entnehmen kann, nicht alles eitel Wonne und Waschtrog ist. Insbesondere geht es dabei um die Vergünstigungen für aus der EU zugewanderte Arbeitnehmer, die in Großbritannien erwerbstätig sind. Für sie wird es diesen vierjährigen Nichtzugang geben, Sozialleistungen werden also nicht zugänglich sein, wenn nicht Beiträge für vier Jahre Erwerbstätigkeit bezahlt werden.

An und für sich ist das ein interessanter Ansatz, sowohl für die Zukunft Österreichs als auch für die Zukunft der EU. Egal, wie diese Diskussion einschließlich der Abstimmung der britischen Bevölkerung endet, also ob die Vereinbarungen zwischen der EU und Großbritannien angenommen werden oder nicht, sind die Auswirkungen entsprechend interessant für die gesamte Union. Sollte dieses Paket für das Vereinigte Königreich angenommen werden, stellt sich natürlich die Frage, warum nur Großbritannien Ver­günstigungen zugesprochen werden und nicht auch dem Rest der von Arbeitsmigration negativ betroffenen Mitgliedstaaten.

Ich darf dabei an Österreich erinnern: Wir haben Rekordarbeitslosigkeit, die es in Österreich noch nicht gegeben hat. Es gibt auch das Problem, dass auf dem Arbeits­markt dadurch ein enormer Verdrängungswettbewerb entsteht, der besonders zu Nachteilen für die Jugendlichen und die Generation über 50 führt.

 


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