BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 86

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Zur Entsenderichtlinie: Die Vorschläge, die Sie, Herr Minister, machen – beide Vor­schläge sind allerdings nicht in der derzeitigen Revision der Entsenderichtlinie enthal­ten – sind folgende: Der erste Vorschlag von Ihnen ist, die Dauer der Entsendungen zu begrenzen. Das, finden wir, löst das Problem nicht. Wir finden, dass dann die Kontrollmöglichkeiten sehr eingeschränkt sind, und befürchten, dass vor allem die Gefahr von Kettenentsendungen sehr zunehmen wird, dass einfach statt einer Entsen­dung mit einer verkürzten Entsendungsdauer mehrere Entsendungen hintereinander als Kettenentsendungen durchgeführt werden.

Der zweite Vorschlag ist die Sozialversicherungspflicht für das Aufnahmeland, und das ist einfach eins zu eins die gewerkschaftliche Position. Da sind wir auch sehr skeptisch, weil es ja nicht nur Incoming betrifft, sondern im Umkehrschluss auch die Österreiche­rinnen, die kurz ins Ausland entsendet und dann zum Beispiel in einem anderen Land der EU sozialversichert werden, wo die Standards ganz anders sind als bei uns. Ich finde, das kann man den ÖsterreicherInnen so nicht zumuten. Unser Zugang ist hier vielmehr so, dass das österreichische Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz bereits einen sehr, sehr guten Rahmen setzt. Allerdings muss die Wirksamkeit erhöht werden. Es braucht mehr Personal bei der Finanzpolizei, um die Entsendungen kontrollieren zu können, und es braucht mehr Zusammenarbeit mit den ausländischen Behörden.

Diese Zusammenarbeit mit den ausländischen Behörden ist derzeit aber ohnehin in der Begutachtungsphase in der Novelle des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsge­setzes drinnen. – So viel kurz- bis mittelfristig. Langfristig – das ist auch schon ange­sprochen worden – braucht es einen europäischen Ausgleich, damit es nicht wie es derzeit einen Wettbewerb zwischen den Sozialversicherungssystemen innerhalb der EU-Länder gibt. Aus Arbeitnehmerperspektive heißt das, dass es eine Weiterent­wick­lung der Sozialversicherungssysteme braucht. Menschen, die im EU-Ausland ar­beiten, dürfen dadurch einfach keine Nachteile erfahren. Da braucht es eine An­gleichung, eine Gegenrechnung, wie auch immer sich dafür eine europäische Lösung finden lässt.

Die jetzt geltende Immer-ein-Land-ist-zuständig-Logik stößt da einfach an ihre Gren­zen, denn die Freizügigkeit von Personen und von Dienstleistungen darf nicht zu einer Konkurrenzspirale der billigeren Sozialleistungen innerhalb der EU führen, sondern es braucht einfach schrittweise, wie Kollege Schennach auch gesagt hat, dieses vierte Standbein in der EU, nämlich die soziale Absicherung.

Zur REFIT-Evaluierung gibt es noch keine Ergebnisse, in welche Richtung die Vor­schläge dann im Endeffekt gehen. Denkbar ist eine Harmonisierung, eine Überarbei­tung oder eine Ergänzung der verschiedenen ArbeitnehmerInnen-Schutzrichtlinien, wobei natürlich der wichtigste Punkt ist, dass die richtige Richtung in dieser Entwick­lung eingehalten wird. Das Schutzniveau soll natürlich nicht abgesenkt, sondern womöglich den österreichischen Standards angepasst werden. Der österreichi­sche ArbeitnehmerInnenschutz ist im Vergleich zu anderen europäischen Mitgliedstaaten sehr gut aufgestellt. Dieses Schutzniveau muss daher einfach generell insgesamt angehoben werden.

Sonst steht in der Jahresvorschau relativ wenig Neues drinnen. Kollege Schennach, ich kann dir natürlich nur zustimmen, was die Wichtigkeit der Quotenrichtlinie betrifft. Die Quotenrichtlinie ist allerdings jedes Jahr in diesen Jahresvorschauen enthalten, und es gibt auf EU-Ebene keine Einigung dazu. Also, es tut sich relativ wenig. Alle Vorschläge, die dort in Verhandlungsrunden kommen, zielen eher in Richtung Verwässerung ab, und eine endgültige Richtlinie ist eigentlich noch relativ lange nicht in Sicht. Auch die Antidiskriminierungsrichtlinie auf EU-Ebene ist sehr, sehr komplex, und da ist eine Umsetzung auf EU-Ebene in nächster Zeit nicht wirklich absehbar.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite