BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 108

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Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Dr. Dziedzic zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.52.15

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrtes Präsidium! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Die Situation am Arbeitsmarkt ist tatsächlich schlimm. Das wissen wir, und es steht außer Frage, dass es hier Maßnahmen braucht.

Was wir schon infrage stellen, sind die Lösungen der FPÖ, von denen hört man nämlich äußerst wenig. (Bundesrat Jenewein: Was sind denn eure Lösungen?) Tatsache ist jedenfalls, dass weder die Ausländer und die Ausländerinnen noch die offenen Grenzen die Situation am Arbeitsmarkt beeinflussen. Auch wenn Sie das nicht hören wollen, hängt das schon mit der Wirtschaftskrise zusammen, genauso wie mit den fehlenden Investitionen seitens des Bundes und auch der Länder oder mit der Tatsache, dass Österreich noch immer wenige – quasi monokulturelle – Branchen fördert, anstatt eine Modernisierung und eine Diversifizierung der österreichischen Wirtschaftsstruktur anzugehen. Die Probleme sind also tatsächlich größtenteils hausgemacht und solche – ich nenne es bewusst so – Scheinaktionen wie jene der FPÖ mögen zwar im derzeitigen Hetzdiskurs vielleicht Stimmen bringen, aber Prob­leme lösen sie keine.

Ich würde gerne auf eine aktuelle Studie des WIFO verweisen, es gibt nämlich vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung Beschäftigungsmultiplikatoren, die berechnet wurden: Darin findet man zum Beispiel, dass eine Erhöhung des öffentlichen Konsums um 1 Million € pro Jahr kurzfristig eine Auslastung von 22 Arbeitsplätzen be­wirkt, von denen 17 neu geschaffen werden. Es wäre vielleicht einmal spannend, sich das näher anzuschauen, weil die Ost-Erweiterung selbst werden Sie wahrscheinlich nicht rückgängig machen.

Ich finde es auch bezeichnend, dass Sie in Ihre Anfrage die Resolution der SPÖ Burgenland hineinkopiert haben und möchte deshalb auf die paar Punkte eingehen.

Zu Punkt eins muss Ihnen klar sein: Wer Schutzklauseln für den österreichischen Arbeitsmarkt verlangt, vergisst, dass diese auch in weiterer Folge zu Schutzklauseln gegenüber Österreichern und Österreicherinnen führen werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich frage mich schon, was zum Beispiel die SPÖ Burgenland oder auch Sie den Familien sagen – 26 000 sind Grenzgänger und Grenzgängerinnen in den anderen Bundesländern –, was Sie den ÖsterreicherInnen sagen, die im Ausland arbeiten oder auch zukünftig sozusagen von diesem Erwerbsregime, wie Sie sich das vorstellen, betroffen wären. (Bundesrätin Mühlwerth: Die Österreicher, die im Ausland arbeiten …!) Das sind nämlich 415 000 allein in Europa.

Zu Punkt zwei kann ich sagen: Gleichstellung der Arbeitnehmer und Arbeitneh­me­rinnen zu fordern, ist auf jeden Fall berechtigt und begrüßenswert. Nur niemand von Ihnen konnte bisher erklären, wie man das denn konkret umsetzen würde. Ich weiß nicht, ob Sie dann automatisch alle in Österreich anmelden würden, beziehungsweise wenn ja, ob dann die Leistungen exportierbar wären. Tatsache ist, dass wir keine Beiträge kassieren können, wenn zum Beispiel dann den Leuten im Bedarfsfall auch die Leistungen verwehrt werden. Das muss, glaube ich, auch klar sein.

Zu Punkt drei: Die Familienbeihilfe kommt auch immer wieder zur Sprache. Da muss Ihnen auch klar sein, dass es, wenn man die Familienbeihilfe für Kinder im Ausland reduziert, vor allem österreichische Familien trifft (Bundesrätin Mühlwerth: Wieso?), und außerdem zahlen diese Menschen Beiträge ein, also wäre es auch verfas­sungswidrig, ihnen diese Leistungen vorzuenthalten. (Bundesrätin Mühlwerth: Das stimmt ja so nicht!)

 


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