BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 122

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Die Länder und der Bund haben sich auf eine gemeinsame Mindestsicherung auf freiwillige Art und Weise politisch verständigt.

Dieses gemeinsame Commitment, diese gemeinsame Position war von Folgendem geprägt. Sie war geprägt davon, dass alle Österreicherinnen und Österreicher wollen, dass es in Österreich keine Obdachlosigkeit gibt. Ich glaube, das ist ein wichtiger Wert. Ich kenne keine Menschen, die wollen, dass es in Österreich Obdachlose gibt.

Das zweite wichtige Kriterium ist, dass alle in Österreich wollen, dass Menschen, die hier leben, auch Nahrung haben. Auch das wollen alle Österreicherinnen und Öster­reicher; die wollen, dass alle Nahrung haben, insbesondere die Kinder. Manche reden da immer von hohen Einkommen; die, die davon reden, haben wahrscheinlich gar keine Ahnung – und wahrscheinlich sind da herinnen auch nicht mehr viele, die das verstehen –, was es heißt, mit 837 € monatlich Nahrung für die eigene Familie aufzutreiben. Also das ist eine wichtige Funktion, die wir haben.

Die dritte wichtige Funktion dieser Mindestsicherung war und ist, dass wir zu Men­schen, die es nicht leicht haben, die auch am Arbeitsmarkt Probleme haben – wo auch wir alle uns schwertun, für diese die adäquate Arbeit zu finden –, sagen: Liebe Freunde, ihr müsst in die Mitte der Gesellschaft kommen! Wir laden euch ein, wir haben ein Angebot für Arbeit, ihr müsst dieses aber auch annehmen. Und wenn ihr Personen seid, die integriert werden müssen, dann haben wir Angebote der Integration, aber diese müsst ihr auch annehmen. Wenn ihr sie nicht annehmt, dann ist es wie bei allen anderen: Es wird die entsprechenden Konsequenzen und auch die entsprechenden Kürzungen geben! – Auch dazu haben wir uns bekannt.

Ich sage, die vierte für mich sehr wichtige Funktion der Mindestsicherung ist – und da, glaube ich, bin ich mit allen Österreicherinnen und Österreichern einig –: Wir wollen nicht, dass es in den Städten in Österreich Slums gibt.

Ich glaube, das wollen die Österreicherinnen und Österreicher, das ist der Punkt. So, und jetzt können wir darüber streiten: Wo ist der Level, wo wir Mindestsicherung gewähren müssen, wenn wir diese vier Funktionen erfüllen wollen? – Da kann man über 2,12 € streiten, das mag sein. Aber wir können nicht über 100 € streiten!

Und ich sage es noch einmal: Es war eine soziale Wohltat, das alte Modell der Sozialhilfe, das in den Bundesländern eine unterschiedliche Entwicklung genommen hatte, unter diesen vier Gesichtspunkten neu zu gestalten, und das in einem gemein­samen Prozess des Bundes und der Landessozialreferenten, die diesen Namen auch verdienen. Das ist ein Erfolg!

Ich bin mit diesen Landessozialreferenten zusammengesessen, über alle Fraktionen hinweg – ich sage das auch sehr deutlich –, und ich habe sie gefragt: Wollt ihr diese Funktionen aufrechterhalten? – Da haben zu mir alle ja gesagt. Ich sage das so deutlich da herinnen: Sie haben alle ja gesagt! Daher halte ich die Fortführung der Artikel-15a-Vereinbarung als freiwillige Vereinbarung zu diesem Thema für ein geeignetes Instrument, und mir haben die Landessozialreferenten ohne Widerspruch erklärt, sie wollen diese Artikel-15a-Vereinbarung auch fortführen.

Ich halte das für einen guten und wichtigen Schritt und möchte Sie auch um Folgendes bitten. Ich glaube, dass Sie da eine wichtige Funktion haben als Mitglieder des öster­reichi­schen Bundesrates. Sie haben hier die Aufgabe, diese gemeinsame Linie der Länder unter Achtung der österreichischen Bundesverfassung im Interesse der öster­reichischen Bevölkerung auch umzusetzen. Da bitte ich Sie, in den Diskussionspro­zessen in Ihren Landtagen – ich sage es so, wie man es bei mir daheim sagen würde – die Kirche im Dorf zu lassen. Tun wir da nicht polemisieren! An den Ärmsten kann man sich immer groß aufreiben. Nein! Schauen wir, dass wir die Kirche im Dorf lassen und


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