BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 127

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werden ja jetzt nicht die Gesetzgebung in Österreich … (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Man muss sich vorstellen, dass diese Menschen für 150 € eine Wohnung finden müssen. Sie dürfen maximal 215 € für Essen, Getränke und Hygieneartikel aufbringen. Sie müssen vielleicht auch noch eine ÖBB-Karte finanzieren, weil sie zu den Deutsch­kursen fahren müssen, damit sie wieder 155 € zusätzlich kriegen. Das sind die Förderungen, die von der oberösterreichischen Landesregierung angeboten werden.

Man kürzt also die Mindestsicherung fast um die Hälfte. Das muss man sich auch einmal auf der Zunge zergehen lassen: In dem Wort „Mindestsicherung“ steckt ja schon drinnen, dass das das Mindeste ist, von dem eine Bürgerin, ein Bürger in Öster­reich leben kann. Das ist eigentlich unglaublich.

Ich habe mir das einmal ausgerechnet. Heute habe ich mir in den „Oberösterreichi­schen Nachrichten“ die Wohnungsanzeigen angeschaut. Die billigste Wohnung in Linz kostet 270 €, ohne Strom, Betriebskosten sind dabei. 270 € Miete für 15 Quadratmeter, ohne Küche. Das lassen wir jetzt beiseite, aber es sind trotzdem 270 €. Zu den 270 € rechnen wir noch 15 € Strom im Monat. Zieht man das von den 520 € ab, dann bleiben noch 235 € zum Leben übrig.

Die Arbeiterkammer hat in einer Studie berechnet, wie viel Menschen in Österreich brauchen, um sich halbwegs über der Kaloriengrenze ernähren zu können. Menschen in Österreich benötigen dazu um die 326 €. Das heißt, das sind schon wieder um 90 € mehr als in Oberösterreich angedacht. Ich habe noch keine Körperhygieneartikel, keine Glühbirnen oder sonst etwas dazugerechnet. Es sind 90 € weniger als der Betrag, um den sich ein Österreicher ernähren kann.

Die Spitze ist, dass bei den 155 € keine Förderung dabei ist. Die Deutschkurse werden ja nicht gratis angeboten. Fragen Sie in der Volkshochschule nach! Die Kurse kosten etwas, und das muss man von diesem Beitrag auch wieder bezahlen.

In Oberösterreich wurde im Wahlkampf immer mit dem Hausverstand geworben – und ich schaue da jetzt wieder auf die rechte Seite (in Richtung ÖVP). Das ist keine menschliche Lösung, das ist keine christliche Verantwortung gegenüber den Mit­menschen in Oberösterreich oder in anderen Bundesländern. Das ist ganz klar.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines, das auch der Herr Sozialminister schon erwähnt hat, steht fest, und das möchte ich unterstreichen: Soziale Sicherheit ist ein wesentlicher Teil der öffentlichen Sicherheit. Das ist kein Zitat von mir, sondern ein Zitat des Landespolizeidirektors aus Oberösterreich. Der ist sicher nicht grün. Das will ich unterstreichen. Er ist sicher nicht grün und hat das gesagt. Das sollte Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen aus Oberösterreich von der ÖVP, einmal zu denken geben – und natürlich den Kollegen von der FPÖ, aber das nehme ich jetzt nicht … (Ruf bei der FPÖ: Ja genau, ist eh besser so!)

Was geschieht, wenn Schwarz-Blau oder Blau-Schwarz den Betroffenen die soziale Sicherheit nimmt? – Die Menschen sind gezwungen, sich andere Wege zu suchen. Das führt nicht nur zu Obdachlosigkeit, sondern auch zu Kriminalität, Drogenhandel und Prostitution, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vielen werden keine anderen Optionen bleiben, ihren Lebensunterhalt anders zu verdienen als auf diesen Wegen. Das gilt es zu verhindern, und unser Sozialsystem rigoros zu kürzen ist ganz sicher der falsche Weg.

Das zeigt sich auch bei dem Vorschlag, der heute vielleicht wieder auftauchen wird, Geld durch Sachleistungen zu ersetzen. Da gibt es große Kritikpunkte, denn ein Ausgleich mit Sachleistungen ist teuer, und die Umsetzung ist nicht praktikabel. Das


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