BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 141

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durchaus wirklich überlegen muss, was Sie auch angestoßen haben, glaube ich – kommt, dann wird sich das auf diese ländlichen Bezirke natürlich noch viel mehr aus­wirken. Jetzt ziehen ja sehr viele, sobald sie den Asylbescheid haben, weg in Städte, oftmals nach Graz oder auch nach Wien, das haben wir ganz genau gesehen.

Was aber so wichtig ist, und da würde ich Sie wirklich bitten, Herr Sozialminister, und auch die ganze Fraktion der SPÖ – die Grünen sind keine Regierungspartei, deswegen haben sie ein bisschen einen freieren Lauf beim Diskutieren –: Betonieren Sie sich da jetzt bitte nicht ein! Machen Sie nicht noch einmal den Fehler wie bei der gesamten Grenzfrage, wo Sie sich bis Weihnachten einbetoniert haben, um dann über Weih­nachten eine komplette 180-Grad-Drehung zu machen. Tun Sie das bitte nicht noch einmal, das kommt nicht gut an.

Diskutieren wir sachlich darüber, wie wir unsere Sozialsysteme ändern müssen, damit sie gesichert werden. Eines darf man nämlich auch nicht außer Acht lassen: Sozial­systeme sind dann sicher, wenn sie finanzierbar sind – das sowieso –, aber auch von der Solidargemeinschaft getragen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Zum Thema „von der Solidargemeinschaft getragen“ – ich habe leider nicht gewusst, dass das heute Thema ist, sonst hätte ich mehr Unterlagen mitgebracht – habe ich mir jetzt nur etwas auf das iPad schicken lassen.

Mich hat – vor zirka zwei Monaten war das – der Amtsleiter einer Gemeinde angerufen, der hat gesagt: Lieber Sozialhilfeverbandsobmann, du bist noch dazu auch Politiker, komm jetzt zu mir ins Büro, ich möchte dir etwas zeigen, das kann so nicht wahr sein! Dieser Amtsleiter hat mir dann einen Bescheid eines Mindestsicherungsbeziehers gezeigt. In dem Fall war es auch ein Asylberechtigter, aber das sei jetzt dahingestellt, das würde für einen Österreicher ganz gleich gelten. Er hat gesagt: Wie kann es sein, dass eine Familie mit drei Kindern in diesem Fall im Monat März die Höhe der Mindestsicherung von 2 020 € bekommt, dazu kommt die Wohnbeihilfe von 273 € und noch einmal die Kinderbeihilfe von etwa 400 €? Also diese Familie in einer ländlichen Gemeinde kommt jetzt netto auf 2 600 bis 2 700 €.

Ich weiß nicht, wo Sie leben, aber ich lebe in einer Siedlung, in einem kleinen Dorf, und fast alle in meinem Dorf sind ganz gewöhnliche Arbeiter – der eine ist Lastwagen­fahrer, die andere ist Friseurin, der andere ist Arbeiter bei einer Brunnenbaufirma und dergleichen. Und die liegen im Erwerbseinkommen auch in diesem Bereich.

Das ist auch ein springender Punkt: Die Solidargemeinschaft und damit das gesamte System funktioniert nur, wenn das Gefühl vorherrscht, dass es gerecht ist. Aber es wird nicht als gerecht empfunden, wenn der, der in der Früh aufsteht, arbeiten geht, mit dem Auto noch wohin fährt, vielleicht Gewand braucht … (Bundesminister Stöger: Darum müssen sie arbeiten gehen!) – Das ist ja unbestritten. Aber wenn Sie jetzt kommen und sagen: Ja, wir müssen die Löhne anheben!, dann wäre mir das ja alles recht, aber: Wer setzt die Löhne fest? (Ruf bei der SPÖ: Die Wirtschaft!) – Das sind ja die Sozialpartner. Die Löhne setzen ja nicht wir in der Regierung fest.

Das heißt, unser System muss auf Sicht so aufgebaut sein – nur dann wird es solidarisch sein –, dass es einen Unterschied geben muss zwischen dem, der normal arbeiten geht, und dem, der die Nettoleistung aus dem Sozialtopf bezieht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Das, Herr Minister und liebe KollegInnen unserer Regierungsfreunde, ist so wichtig, dass wir das auch wirklich gut diskutieren sollten. Und ich würde euch wirklich bitten: Betoniert euch da nicht ein! (Bundesrat Schennach: Wer sich einbetoniert, das seid ihr!) – Also bei allen heutigen Redebeiträgen, vom Kollegen Lindner bis zum Herrn


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