BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 140

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in einer Sondersituation – mein Vorredner hat es angesprochen – sehr wohl auch Maßnahmen zulässig sind, die differenzieren. Die Frage ist: Wer definiert die Sonder­situation? Das ist dann eine wichtige Frage. Aber es steht im Gutachten wörtlich:

Das Einführen einer für alle Berechtigten geltenden Höchstgrenze für die Bedarfs­orientierte Mindestsicherung (BMS) ist aus Sicht der Statusrichtlinie zulässig, sofern der Höchstbetrag das Mindestniveau sichert.“

„Die Obliegenheit“ und so weiter „zu zumutbaren Erwerbs- und Integrationsbe­mü­hungen“ ist zulässig.

Also es ist sehr wohl denkbar, Differenzierungen vorzunehmen; natürlich muss es rechtlich richtig ausgestaltet sein. Das würde ich einmal vorwegstellen.

Dann auch die Frage, die auch heftig diskutiert wurde: Na ja, warum ist das so, dass eben – relativ, in Relation zu anderen europäischen Ländern – so viele Asylwerber gerade in Österreich, Deutschland und Schweden und eingeschränkt in der Schweiz, der Kollege hat auch die Schweiz genannt, ansuchen?

Ja natürlich hat das auch mit der Zugkraft des Sozialsystems zu tun! Das soll man bitte nicht wegleugnen, das ist ja Faktum. In der letzten Debatte mit Sebastian Kurz, mit dem Herrn Außenminister, haben wir das ja auch durchdiskutiert. Es ist zum Beispiel Faktum – ich habe es letztes Mal erzählt, ich wiederhole es heute –, dass die bul­ga­rische Regierung 15 000 Plätze für Asylwerber zur Verfügung gestellt hat. Es sind nur 750, zirka 15 Prozent, besetzt, obwohl Bulgarien ein Nachbarland der Türkei ist und man meinen könnte, viele, die Sicherheit suchen, könnten ja nach Bulgarien gehen.

Ja warum gehen sie verständlicherweise nicht dorthin? – Weil sie dort 1 € Sozialleis­tung pro Tag kriegen, also kein Sozialsystem haben, das sie so auffängt wie unseres hier. Das ist ja verständlich! Aber es ist eine völlige Negierung der Fakten, zu sagen, das habe nichts mit dem Sozialsystem zu tun. Ja, sehr wohl hat das mit dem Sozialsystem zu tun! Oder warum haben in Slowenien nicht einmal 1 000, ich glaube, nicht einmal 300 um Asyl angefragt? Asyl heißt, dass ich sicher bin vor Krieg und Verfolgung. Sie sind aber noch über die Grenze weiter zu uns, und 90 000 haben bei uns im Vorjahr angesucht. Das hat natürlich mit der Zugkraft des Sozialsystems zu tun. Das ist ja nichts Schlechtes! Das ist ja so, wie Sie gesagt haben, Herr Bundesminister: Wir werden europaweit oder vielleicht weltweit dafür beachtet, dass wir so ein gutes Sozialsystem haben. – Ja, das haben wir.

Was aber auch nicht stimmt, Herr Minister, ist das, was Sie heute in der Debatte zum vorigen Tagesordnungspunkt gesagt haben: Ja, dazwischen war so quasi eine neolibe­rale Periode. – Ich kann es jetzt nicht mehr genau zitieren, aber das Wort „neoliberal“ haben Sie in den Mund genommen und ein bisschen so gemeint, das sei die Zeit von Schwarz-Blau gewesen – so habe ich es interpretiert. (Bundesminister Stöger: Europaweit!) Ich muss nur sagen, ich sehe das in den Zahlen unseres Sozialhilfe­verbandes: Im Jahr 2000 haben die damals 57 – jetzt sind es nur mehr 36 – Gemein­den in Graz-Umgebung 7 Millionen € in den Sozialhilfeverband einbezahlt. Wissen Sie, wie viel wir heuer einzahlen? 26 Millionen! Innerhalb von 16 Jahren von 7 auf 26 Millionen! Ich weiß schon, die Inflation muss man dazurechnen, ein bisschen Bevölkerungswachstum, aber trotzdem ist das eine sehr, sehr starke Zunahme.

Und bei der Mindestsicherung haben wir jetzt extreme Sprünge, wir haben tatsächlich extreme Sprünge, auch in meinem Bezirk Graz-Umgebung. Mit 30 Prozent haben wir den Posten der Mindestsicherung heuer überzogen, und wir erwarten eine Steigerung von 50 bis 70 Prozent in diesem Jahr. Warum? – Natürlich deswegen, weil ein Teil der Asylwerber asylberechtigt wird und dann natürlich ein Fall für die Mindestsicherung wird. Und wenn jetzt noch diese Wohnsitzpflicht – was man aus Indikationsgründen


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