BundesratStenographisches Protokoll853. Sitzung / Seite 93

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13.14.36

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Herr Präsident! Es bietet sich an, noch einmal ganz kurz einen Exkurs in Sachen Digitalisierung und Jobs zu machen.

Herr Bundesrat Dörfler hat diese Serie des „Kurier“ gemeint, „Österreich 2030“. Da gab es eine Grafik – ich kann mich gut daran erinnern, das war im Jänner –, wo diese zehn Jobs aufgezählt wurden, die am meisten nachgefragten und die am meisten gefähr­deten. Aber es sind schon am meisten gefährdete Jobs, die bereits heute gefährdet sind und heute schon stark reduziert wurden.

Viele europäische Unternehmen, und zwar nicht nur große Konzerne, sondern auch mittelgroße, auch viele österreichische, haben Buchhaltungstätigkeiten bereits weitest­gehend automatisiert oder in sogenannte Call-Center-Buchhaltungen über standar­disierte Buchhaltungsabrechnungsprogramme nach Indien, nach Irland oder in andere Länder verlegt, wo solche Angebote im großen Stil global durchgeführt werden.

Das ist eine Entwicklung, die ich seit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre kenne. Da ist schon viel passiert. Ähnlich ist es in anderen Verwaltungsbereichen, wo man diese Effekte aufgrund der Automatisierung, der Vernetzung und der Digitalisierung überall beobachten kann – aber sie treten niemals so krass ein, wie das Weltverschwö­rungs­theoretiker oder Weltuntergangsmaler dann gerne darstellen. Sie treten ja ohnehin in reduzierten Effekten ein. Warum? – Weil auch die Konsumenten oder die Kunden sich wohl überlegen, ob sie diese Services eigentlich so nutzen wollen, ob sie bereit sind, für einen vielleicht günstigeren Preis auf einen gewissen Komfort zu verzichten.

Viele Unternehmen warten einmal ab, ob es klug ist, dass man in Indien anruft und dann dort vielleicht jemanden hat, der nur halbwegs gebrochen Deutsch spricht. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Ich kenne eine Vielzahl österreichischer Unternehmer – ich war in diesen Bereichen tätig –, die gesagt haben: Nein, wir machen das nicht, wir lassen das weiterhin von unseren österreichischen Buchhalterinnen und Buchhaltern, von unseren Steuerberaterinnen und Steuerberatern durchführen!

Es gab Ende der 1990er-Jahre schon einmal genau dieselbe Prognose, ich kenne das ganz genau. Da gab es Fachkonferenzen, bei denen sich alle die Haare gerauft und gesagt haben: Mein Gott, es wird da alles zusammenbrechen. – Es hat eine Abwan­derung gegeben, aber am Ende des Tages haben österreichische Qualitätsarbeit, Genauigkeit, Service, Komfort und regionale Nähe entschieden.

Und um das Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels zu bemühen: Auch das wird eine Frage sein, wie sich der österreichische Lebensmittelhandel – oder in diesem Fall jener im deutschsprachigen Raum, weil Billa zum Beispiel zur REWE-Gruppe gehört – in Fragen des Komforts und der Kundenfreundlichkeit positioniert. Dann soll der regionale Kunde entscheiden, was er denn gerne hätte. Trotz aller technologischen Entwick­lung – ja, möglicherweise kann man kontaktlos bezahlen, das mag ein Effekt sein, das geht ja heute schon – glaube ich nicht an eine vollständig mitarbeiterfreie Lebensmittel­einzelhandelsfiliale; ich glaube auch persönlich gar nicht daran, obwohl ich ein großer Freund der Digitalisierung bin. (Bundesrat Schennach: Regalbetreuung wird es schon noch geben! Bei Apotheken!)

Entscheidend ist nur – das ist ein Punkt, den ich machen möchte; Sie beide haben da ja denselben heiklen Punkt getroffen –: Es braucht eine Begleitung der Menschen, die Sorge und Angst haben, und eine positive Zukunftsperspektive für diejenigen, von denen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich sagen können, dass in den nächs­ten fünf bis zehn Jahren ihre Arbeitsplätze gefährdet sind. Aber da haben wir eben noch ein bisschen Zeit, das geschieht nicht morgen; das geschieht nicht am 1. Jänner


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