BundesratStenographisches Protokoll853. Sitzung / Seite 111

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Was die staatlichen Organisationen, ja die gesamte Republik Österreich hier geleistet hat, sollte eigentlich normalerweise beispielgebend für ganz Europa sein, ist es aber leider nicht – ich komme dazu später noch einmal. Wenn ich in diesem Zusammen­hang die ganze Republik nenne, so meine ich damit auch und ganz besonders deren Bürgerinnen und Bürger, die in einer sehr großen Anzahl ehrenamtlich und freiwillig, bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit gehend so viel Menschliches, ja fast Über­mensch­liches geleistet haben.

Diese große Solidargemeinschaft hat entscheidend mitgeholfen und dazu beigetragen, dass dieser große Zustrom an asylsuchenden Menschen bewältigbar blieb. Ich selbst war in meiner südoststeirischen Heimat auf der Grenzbrücke von Bad Radkersburg zu Gornja Radgona – das ist eine geteilte Stadt – und auch in Spielfeld mehrmals dabei, habe mir immer wieder persönlich einen Überblick verschafft, habe mit den Einsatz­kräften und den Freiwilligen gesprochen.

Daher weiß ich auch, dass diese große und großartige Solidargemeinschaft bröckelt. Das müssen wir sehen, das müssen wir auch anerkennen, da die Menschen, die Österreicher und Österreicherinnen, Ängste und Befürchtungen haben. Das müssen wir sehen, und diese Ängste müssen wir auch ernst nehmen und nicht weiter schüren, meine lieben Kollegen – in diesem Fall –, und nicht noch anheizen und sich freuen, wenn es wieder ein skandalträchtiges Posting oder eine skandalträchtige Schlagzeile gibt.

Herr Werner Beinhart (Ruf bei der FPÖ: Herbert!), die Sicherheitsmilliarde wird dazu beitragen, dass Österreich weiterhin als eines der sichersten Länder der Welt gilt. Wir müssen aber die Fragen beantworten und sehen: Können wir, das kleine Österreich, das alles in Europa beinahe allein – abgesehen von der Bundesrepublik, abgesehen von Schweden – bewältigen? Dazu muss auch gesagt werden, dass die Bundes­republik leider teilweise mit gezinkten Karten spielt. Frau Vorrednerin, die schwedische Vizekanzlerin war das, glaube ich, die mit Tränen in den Augen eine Verschärfung des schwedischen Asylgesetzes verkündet hat. Das ist meines Wissens eine grüne Kollegin.

Können wir 2016, 2017, 2018 noch einmal so viele Menschen in Österreich aufnehmen wie 2015? Können wir diese Menschen mit Arbeit versorgen? Können wir ihnen Arbeit geben? Können wir ihnen ausreichend Wohnraum zur Verfügung stellen? Können wir in ausreichender Zahl Deutschkurse anbieten? Können wir sie integrieren, ohne dass Ghettos entstehen? – Genau darauf wird gewartet, denn Probleme entstehen in Ghettos, Probleme entstehen in Großraumquartieren, wie zum Beispiel in Leoben. Wenn wir 400 österreichische Jugendliche in einer bauMax-Halle zusammensperren würden, würde es genauso Probleme geben. Diese Schlagzeilen dürfen wir jenen Personen und jenen Parteien nicht liefern, die nur darauf warten. Wo ist das solida­rische Europa in dieser wichtigen Frage? Gibt es das überhaupt noch?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist leider so: Wenn wir auf Europa warten würden, könnten wir noch sehr lange warten. Die österreichische Bundesregierung hat sich massiv für eine europäische Lösung eingesetzt, jedoch wurden wir von den meisten europäischen Ländern leider hängengelassen. Meiner Meinung nach könnten oder sollten sich viele europäische Partner nicht mehr in den Spiegel schauen, ohne sich dabei schämen zu müssen.

Österreich wurde von Herrn Ing. Köck heute auch schon als „Traumland“ bezeichnet. Als Transit- und Zielland waren wir daher besonders gefordert, diese gesetzlichen Maßnahmen zu setzen. Wir machen damit auch der deutschen Kanzlerin klar, dass Österreich weder Pufferzone noch das Wartezimmer für Deutschland werden kann.

 


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