BundesratStenographisches Protokoll853. Sitzung / Seite 149

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Damit sind wir auch schon bei den Änderungen zum Apothekengesetz. Mit dieser Gesetzesänderung wird ein Zustand wieder hergestellt, der an sich schon einmal Gültigkeit hatte. 1985 wurde die 6-Kilometer-Entfernungsvoraussetzung für Hausapo­the­ken festgelegt und gleichzeitig die Nachfolgeregelung eingeführt. Diese Novellie-rung wurde 2006 revidiert, sodass Hausapotheken im 4- bis 6-Kilometerbereich mit der Pensionierung eines Arztes auslaufen sollten.

Es hat vieles gebraucht, um jetzt wieder einen zufriedenstellenden Zustand herzustel-len: hunderte Unterschriftenlisten, Petitionen, Bürgerinitiativen, Resolutionen, parlamen­tarische Anfragen und auch Bürgermeister-Kommentare – das haben wir schon gehört. Und das nicht ohne Grund! Immerhin ist die Zahl der ärztlichen Hausapotheken seit 2005 von 992 auf 871 zurückgegangen. In zehn Jahren 120 Hausapotheken weniger, jährlich sperrten zwölf Hausapotheken zu – da braucht man sich über den Unmut in der Bevölkerung nicht zu wundern!

Wenig zufriedenstellend ist auch die Situation für die betroffenen Ärzte, die aufgrund der Pensionierung die Hausapotheke verlieren und so nur schwer einen Nachfolger finden. Wir haben ja von diesem Fall gehört, den ich auch im Ausschuss geschildert habe: Man hätte das Arzthaus quasi um 36 Meter versetzen müssen, um die Hausapotheke zu erhalten. Die Lage hat sich noch zusätzlich verschärft, weil kurze Zeit davor auch noch die Hausärztin im Nachbarort abhandengekommen ist. Das heißt: keine Versorgung sichergestellt! In der heutigen Zeit, in der es kaum noch Ärzte für Kassenstellen gibt, brauchen wir ein Gesetz für Ärzte mit Hausapotheken, das sie schützt und nicht am Helfen hindert.

Warum bewegt dieses Thema so viele Menschen? – Es gibt nur noch 850 Hausärzte mit Hausapotheken, und die betroffenen Menschen wollen diese nicht auch noch verlieren, weil das für sie die beste medizinische Versorgung ist – patientenfreundlich, kostengünstig, am sinnvollsten eben. Die Kassenstellen sind nicht mehr zu besetzen, wenn die Hausapotheken fehlen, das heißt, wenn die Hausapotheken fehlen, ist auch kein Arzt mehr da, ist auch der Hausarzt weg. Und wenn eine Apotheke kommt, muss die Hausapotheke schließen, sagt das Apothekengesetz. Das verstehen die Menschen auch nicht. Warum können nicht beide nebeneinander existieren? Warum muss der Patient selbst, so er überhaupt noch kann, weite Wege bis zur nächsten Apotheke zurücklegen?

Ich bin ganz bei Frau Dr. Reiter, Mutter von vier Kindern, eine Oma im Haus – da ist es sehr mühsam, wenn man zu einem Arzt fahren muss. Bei uns kommt der Arzt nicht mehr ins Haus, auch nicht nachmittags oder abends, sondern man muss zum Ärztenotdienst und dann vom Ärztenotdienst zur nächsten Apotheke, natürlich in entgegengesetzter Richtung zum Heimweg, und dort zahlt man dann auch noch für diesen Bereitschaftsdienst extra Gebühren, zusätzlich zu den Medikamenten.

Ganz plakativ ist das Beispiel von der alten Dame in ländlicher Region, von der Dame von nebenan, von der Nachbarin, die jeder kennt, die vielleicht nur mit dem Rollator zum Hausarzt kommt. In den Zug einzusteigen, um in die nächste Stadt zu fahren und dort in die Apotheke zu gehen, das spielt es dann nicht mehr! Damit sind genau diese Menschen, die schon in vielen Bereichen Hilfe brauchen, auch wieder auf jemanden angewiesen.

Abgesehen davon müssen dringendst Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die ärztlichen Planstellen besonders im ländlichen Raum nachbesetzt werden können. Der Beruf des Hausarztes ist mit Sicherheit nicht weniger attraktiv geworden. Ich stelle auch fest, dass sich die Arbeitszeiten verbessert haben. Viele junge Ärzte, die jetzt eine Stelle übernehmen, haben am Samstag geschlossen und haben dafür eine Nachmittagsordination oder eine Abendordination. Aber nicht nur die enorme


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