BundesratStenographisches Protokoll853. Sitzung / Seite 151

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Alle Interessenten – wir haben viele gute Gespräche geführt – entschieden sich am Ende der Verhandlungen für eine Stelle, wo sie auch eine Hausapotheke haben, was natürlich völlig verständlich ist. Wer von uns würde, wenn er den ungefähr gleichen Job anderswo machen könnte, wo er doch um einiges mehr verdient, das nicht machen? – Ich denke, das ist menschlich sehr verständlich.

Letztlich haben wir jetzt mit Wirkung 1. Jänner 2017 doch eine Lösung gefunden, weil wir einerseits das Glück haben, dass es private Investoren gibt, die ein Medizinzentrum errichten, und weil wir Gemeinden andererseits die Ansiedelung eines Arztes bezie­hungs­weise einer Ärztin finanziell unterstützt haben, wodurch wir einen Ausgleich für die eben nicht vorhandene Hausapotheke schaffen wollen. Das ist nicht unsere Aufgabe – das ist, glaube ich, allen klar –, und das bedeutet für die Gemeinden natür­lich auch eine große zusätzliche Belastung.

Die Bevölkerung – das wurde auch schon angesprochen – würde es aber nicht verstehen, wenn wir diese Lösung nicht anstreben würden und das nicht endlich machen, denn in Wirklichkeit gibt es die Erwartungshaltung an die Bürgermeister: Ihr müsst doch schauen, dass wir wieder einen Arzt haben! Es kann doch nicht sein, dass das nicht gelingt!

Meiner Meinung nach geht daher diese Problemstellung, sehr geehrte Frau Minister, viel tiefer. Die nun getroffene Regelung ist wirklich nur ein – würde ich einmal sagen – schwaches Medikament für eine doch sehr ernste Erkrankung des Systems – um bei der Medizinsprache zu bleiben.

Um die landärztliche Versorgung auch in Zukunft zu sichern, wird es meiner Meinung nach eine Systemänderung geben müssen. Ich ersuche Sie daher, alle dazu notwen­digen Systempartner – ich denke an die Ärztekammer, ich denke an die Apothe­ker­kammer, ich denke an die Gebietskrankenkasse, ich denke an die Politik in all ihren Ebenen, die Bundespolitik, die Länder und Gemeinden – an einen Tisch zu bringen, um endlich aus allen Richtungen dieses Problem zu beraten und vielleicht auch gemeinsam zu begreifen, dass es da um die Lösung einer Gesamtproblematik geht. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Ich weiß, dass das schwierig ist. (Bundesrat Mayer: Ja!) Natürlich ist es insbesondere deswegen schwierig, weil jeder diese Dinge nur aus seiner Sicht sieht und niemand begreifen will, dass es dabei eigentlich um das bessere, das gemeinsame Ganze geht.

Ich denke, dass man das trotzdem versuchen sollte, weil es notwendig ist, dass wir erkennen, dass es um die medizinische Versorgung der Menschen in unserem Land geht und darum, diese Aufgabe wieder gut wahrzunehmen. Dabei dürfen nicht primär wirtschaftliche Überlegungen die Richtung vorgeben. Es müssen, denke ich, humani­täre Überlegungen sein, die die grundsätzliche Richtung vorgeben.

Ich glaube, dass auch in der heutigen Zeit noch jeder Arzt einen hippokratischen Eid geleistet und damit einen verantwortungsvollen Auftrag übernommen hat, obwohl ich natürlich verstehe, dass jeder auch wirtschaftlich durchkommen soll und daher die wirtschaftlichen Bedingungen passen müssen.

Natürlich benötigt man, um wieder mehr Interessenten für die Landarztstellen zu bekom­men, viele Neuansätze. Es gibt viele Überlegungen, die man dazu anstellen muss. Ich denke zum Beispiel, dass man schon die Ausbildung hinterfragen sollte, weil ich glaube, dass man in der Ausbildung zum Mediziner das Landarzt-Sein viel zu wenig oder fast gar nicht kennenlernt. Darüber hinaus fehlt meiner Meinung nach auch jede Vorbereitung auf ein selbständiges Unternehmertum. Was wir in den Gesprächen mit Interessenten erlebt haben, war wirklich von Hilflosigkeit geprägt. Diese jungen Ärzte


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