skizzieren. Und genau an dieser Stelle müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir den Zustrom regulieren. Das ist ja logisch, weil wir aufpassen müssen, dass wir unsere Gesellschaft nicht überfordern. Es ist auch völlig klar, dass wir nicht jeden aufnehmen können, darüber brauchen wir ja gar nicht zu diskutieren. Wir müssen uns aber stärker anstrengen, da die wirklichen Probleme zu lösen, und dafür brauchen wir auch Zeit; deshalb brauchen wir eine Regulierung des Zustroms.
Ich kann in diesem Kontext nur eines sagen: Wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, wann wir sogenannte Notmaßnahmen brauchen, sollten wir auch sehr sorgfältig abwägen, wann der Punkt gekommen ist, an dem wir unsere Gesellschaft wirklich überfordern. Und ich kann nur an alle in der Politik, in den Medien appellieren, da keine Zuspitzung zu betreiben, denn ich sage Ihnen, der Weg zu einem brennenden Flüchtlingsheim ist kürzer, als wir alle glauben. Das haben wir gelernt.
Es gibt noch einen Aspekt: Wenn wir uns vor die Bevölkerung stellen und sagen: Das ist die Maßnahme, mit der wir das Problem endgültig lösen können!, und das dann wieder nicht funktioniert, wer hat denn dann etwas gewonnen? Ich glaube, dann würden wir in dieser Fragestellung das letzte Vertrauen restlos verspielen. Deshalb ist auch ganz klar, dass das, wenn wir solch einen Weg gehen, auch juristisch passen muss. Dann können wir nicht sagen, wir machen da jetzt irgendetwas, und das fliegt uns dann innerhalb kürzester Zeit um die Ohren, sondern das erfordert eine gewisse Sorgfalt. Auch da wiederum gelten Sachargumente immer mehr als die politische Pointe, irgendein Tweet oder eine Meldung auf Facebook. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war ein ernstes Thema. Sie entschuldigen hoffentlich die Intensität, mit der ich versucht habe, unseren Standpunkt klarzumachen. Was mir in unserer gesamten Zusammenarbeit aber wichtig ist, ist Folgendes: Wir haben in diesem Land eine gemeinsame Verantwortung und Sie als Vertreter der Länder eine ganz besondere, denn Österreich hat eine föderale Verfassung. Und mir ist völlig klar: Jeder, der sich hinstellt und eine einfache Problemlösung suggeriert – welches Thema auch immer es betrifft –, wird sehr schnell zu der Einschätzung kommen, dass wir hier einen gemeinsamen Diskussionsprozess, einen gemeinsamen Entscheidungsprozess brauchen. Das gilt für die Oppositionsparteien im selben Ausmaß wie für die Sozialpartner und andere Interessengruppen, zum Beispiel die Zivilgesellschaft in unserem Land.
Ich möchte meine Hand ausstrecken. Ich darf Sie bitten, das Angebot anzunehmen. Wir werden uns öfter sehen, auch in diesem Rahmen, wir werden Gelegenheit haben, gemeinsam zu diskutieren. Und ich kann Ihnen sagen, wenn Sie ein Problem, eine Sorge haben, eine bessere Problemlösung sehen oder mit uns suchen wollen, ich bin in jeder Hinsicht offen, das zu tun. Am Ende – und das ist die Erkenntnis, die ich aus der Wirtschaft mitgenommen habe – sind einsame Entscheidungen nie so gut wie Entscheidungen, die man gemeinsam diskutiert und durchgedacht hat. In diesem Sinne freue ich mich auf eine gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
10.55
Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen.
Es sei mir gestattet, die Bundesräte außer Dienst Mag. Taucher und Perhab herzlich bei uns zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Nunmehr erteile ich Herrn Vizekanzler Dr. Mitterlehner zur Abgabe der Erklärung zur Regierungsumbildung das Wort. – Bitte, Herr Vizekanzler.
10.56
Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte neue
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