BundesratStenographisches Protokoll854. Sitzung / Seite 106

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Wie man unter der Überschrift „Marktsituation und -maßnahmen“ erkennen kann, greift die EU lieber in das Geldsackerl der Nettozahler innerhalb der Gemeinschaft, um mit sogenannten Sofortstützungsmaßnahmen – für verderbliches Obst und Gemüse zum Beispiel – den Markt zu stabilisieren, wie sie es nennt, als die schon erwähnten, seit Au­gust 2014 anhaltenden EU-Sanktionen, die aus unserer Sicht völlig unnötig sind, sofort auszusetzen. Es ist für mich wirklich eine unglaubliche wirtschaftliche Irrung, die da da­hintersteht, die auch für die Menschen, die es betrifft, nämlich auch die Unterneh­mungen, die durch diese Maßnahme schon ganz schön ins Schleudern geraten sind, und auch und insbesondere für die Steiermark in vielen Bereichen als tödlich zu be­zeichnen ist. Wenn der ehemalige Agrarkommissar Fischler meint, man könnte viel­leicht mit einer schrittweisen Aufhebung dieser Sanktionen den richtigen Zugang fin­den, dann sage ich Ihnen, das ist zu kurz gegriffen. Wir werden mit schrittweisen Über­gangslösungen hier keinen Erfolg haben.

Der steiermärkische Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Roth hat gesagt, grundsätz­lich sieht er das so ähnlich wie Wirtschaftskammerpräsident Leitl (Bundesrat Gödl: Er ist Vizepräsident der Wirtschaftskammer, nicht der steirischen!) – entschuldige! –, wie Wirtschaftskammerpräsident Leitl, der gesagt hat, die Wirtschaft sollte nicht als Instru­ment der Politik missbraucht werden. Auch dort ist schon mitgeteilt worden, dass die Situation für die steirische Wirtschaft alles andere als rosig ist. Ähnlich argumentiert auch die Industriellenvereinigung, dass also zuerst, wie es heißt, die Wirtschaft betrof­fen ist. Dies betrifft nicht nur die Obstwirtschaft, sondern vor allem auch Unternehmen mit Hochtechnologie und Exportorientierung.

Betroffen ist aber auch die steirische Tourismusindustrie. Das Ausbleiben der russi­schen Gäste ist nicht nur befürchtet worden, sondern ist auch tatsächlich eingetreten, vor allem im Städtetourismus, wo viele Gäste ausgeblieben sind. Diese Liste direkter Auswirkungen kann man eigentlich beliebig fortführen.

So zum Beispiel jetzt in der Steiermark: „Die Presse“ hat im März 2016 berichtet, dass der 1995 gegründete Obsthändler „Steirerfrucht“ insolvent ist. Laut KSV, so ist zu lesen gewesen, haben zusätzlich zu den ungenutzten Eigenkapazitäten die Überkapazitäten in Europa und das Russland-Embargo die wirtschaftliche Situation verschärft. Als ak­tuellen Input: Gestern haben wir gelesen, dass durch den Zusammenschluss von circa 600 Obstbauern in der Steiermark der Betrieb und die 97 Mitarbeiter vorerst gerettet wurden.

Diese Liste der Ankündigungen innerhalb des Berichtes der EU geht weiter. Man plant, für 2016 neue Märkte zu öffnen, und man „wird weiterhin Gespräche mit der Rus­sischen Föderation führen, um nicht tarifäre Handelshemmnisse zu beseitigen“. Ich ver­stehe nicht, warum man nicht das Embargo beseitigt. Aber vielleicht wird uns der Herr Minister dazu noch einiges erzählen.

Damit sind wir bei dem Thema angelangt, das ganz offensichtlich auch für die EU erste Priorität hat: die festgelegten Freihandelsabkommen CETA und TTIP. Im Bericht steht: „Für 2016 ist auch eine ambitionierte bilaterale Handelsagenda vorgesehen. Das Trans­atlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) mit den USA bleibt weiterhin prioritär, die Verhandlungen zwischen den USA und der EU werden fortgesetzt.“

Als Nachsatz dazu möchte ich bemerken, dass es in diesem Zusammenhang offen­sichtlich völlig egal ist, was die einzelnen Mitgliedstaaten oder deren politische Vertre­ter darüber denken. Es wird, so wie die letzten Entwicklungen auch im Ausschuss wa­ren, offensichtlich so ausschauen, dass wir zurzeit CETA durch die Vordertüre bekom­men – nötigenfalls ohne Parlamentsbeschluss – und TTIP danach durch die Hintertüre. Ich sage, jeder, der diesem Abkommen zustimmt, beteiligt sich an nichts anderem als an der kompromisslosen Absenkung unserer Lebensmittelstandards und am Export der


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