BundesratStenographisches Protokoll855. Sitzung / Seite 24

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10.01.41

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet „Aufschwung Standort Österreich“, und – Herr Bundesrat Pisec hat es schon angesprochen – es stellt sich die Frage, ist das als Fragestellung zu verstehen, als Imperativ zu verstehen oder wie auch immer?

Ich würde vielleicht einmal damit beginnen, dass wir uns an den Fakten orientieren, und die Fakten, die Sie jetzt beschrieben haben oder beschrieben haben wollen, sprechen aus meiner Sicht eigentlich eine recht positive Sprache, denn im Unterschied zum letzten Jahr, als wir, was das Wirtschaftswachstum anbelangt, Prognosen hatten, die jedes Quartal wieder nach unten revidiert werden mussten, gibt es mittlerweile, obwohl das Jahr schlecht begonnen hat – Sie erinnern sich an die Probleme mit Öl, Stahl und beispielsweise auch die Börsenfragen in China –, eine recht positive Entwicklung. Das Wachstum wird vermutlich – das Wifo hat gerade letzte Woche die Konjunkturprognose erhöht – 1,7 Prozent betragen. Im Vergleich beispielsweise zum Vorjahr ist das, was wir heuer haben könnten, wenn die Entwicklung weiterhin einiger­maßen positiv verläuft, das Doppelte.

Man muss gleichzeitig dazusagen, dass auch festgestellt worden ist, wodurch dieses Wachstum entstanden ist: Es ist vor allem durch die Steuerreform entstanden. Wenn Sie jemanden befragen, wie er subjektiv von der Steuerreform profitiert, weiß er es nicht zu bewerten oder verneint einen Gewinn daraus, objektiv beurteilen die Wirt­schaftsforschungsinstitute allerdings die Steuerreform sehr positiv. Es ist ein Effekt entstanden in Richtung Konsumsteigerung – der Konsum beträgt etwa das Vierfache des Vorjahres –, aber, und das ist wichtiger, es sind auch die Investitionen ange­sprun­gen, weil sich diesbezüglich ein bestimmter Nachholbedarf aufgestaut hat.

Was nach wie vor ein Problem ist, ist der Bereich Arbeitsmarkt. Wir haben zwar einen Beschäftigungsrekord, auf der anderen Seite wird nach Expertenmeinung erst bei etwa 2 Prozent eine Art Drehung, auch was die Arbeitslosenzahl anbelangt, bemerkbar werden und werden sich da auch andere Tendenzen einstellen.

Die Frage Tourismus ist von einer Kollegin schon angesprochen worden. Auch dieser hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich eine sehr positive Entwicklung in diesem Jahr abzeichnet, aber – obwohl das, was die Produktivität anbelangt, dann in der Pro-Kopf-Relation einen Rückgang bedeutet – auch der Flüchtlingsbereich trägt mit den Ausgaben, die dort entstehen, nominell zum Wirtschaftswachstum bei.

Die große Frage momentan ist, ob mit dem Brexit und allem, was damit verbunden ist, auch die Unsicherheit, eine Entwicklungsgefährdung verbunden ist, was die öster­reichi­sche Wirtschaft anbelangt, und diese Entwicklungsgefährdung gibt es, obwohl wir durchaus eine entsprechende Verflechtung mit der britischen Wirtschaft haben, wahr­scheinlich nicht in besonders hohem Ausmaß. Es sind negative Auswirkungen zu erwarten, aber diese halten sich im Rahmen. Laut Herrn Dr. Helmenstein von der Industriellenvereinigung wird der Effekt auf das BIP bei 0,05 bis 0,18 Prozent liegen. Auf die EU-Ebene wird er eher mit 0,1 Prozent Wachstumseinschränkung durch­schlagen.

Ich denke, das Problem dabei ist die Unsicherheit, die sich in der nächsten Zeit vor allem an den Börsen fortsetzen könnte, aber auch dort erwarten Experten nach ein paar Wochen Beruhigung, weil sich die guten Fundamentaldaten durchsetzen könnten.

Interessant war, dass viele ja begrüßt haben, dass das Vereinigte Königreich diese Entscheidung getroffen hat. Es kam dann relativ rasch zur Ankündigung von Aus­wirkungen der Abstimmung. Beispielsweise wird es Steuererhöhungen geben, und vor allem die Bevölkerung im unteren Einkommensdrittel wird negative Entwicklungen in


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