BundesratStenographisches Protokoll855. Sitzung / Seite 149

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Halten wir uns vor Augen: Klare Notenbeurteilung verursacht bei den meisten Kindern auch Freude über die eigene Leistung! Und: Wie gespannt sind die Kinder – und ich habe auch vier davon in meinem Haushalt – auf das Zeugnis, denn Noten machen Leistungen auch messbar und vergleichbar! Dieses Bilanzziehen müssen Kinder aushalten, und auch mit nicht so guten Noten muss man sich auseinandersetzen lernen.

Kinder sind sehr wissbegierig und können mit Rückschlägen umgehen. Denken Sie an die Kleinkinder, die laufen lernen. Sie stehen immer wieder auf, sie probieren es immer wieder, denn sie wollen es lernen. (Bundesrat Stögmüller: Das ist ja kein Vergleich!) Warum ist es in der Schule so, dass bei sehr vielen Kindern dieser natürliche Drang, etwas lernen zu wollen, etwas wissen zu wollen, abhandenkommt? – Wir Erwachsene sind es, die diese Negativerfahrungen nicht aushalten und unsere Kinder davor be­wahren wollen. Aber diese Erfahrungen bereiten auf das Leben vor und geschehen in der Schule langsam und in einem geschützten Rahmen. (Bundesrat Schennach: Durch Schulangst und Schuldepression!) Das ist später sehr schwer beziehungsweise überhaupt nicht mehr möglich. Da steht die Wohlfühlpädagogik kontra Leistung und Konkurrenz. (Bundesrat Schennach: Schulangst ist das Schlimmste!)

Natürlich erwarten wir uns von Lehrern auch, dass sie loben, ermutigen, bestärken, fördern und fordern, und wenn es nötig ist, dann gibt es natürlich auch einmal tadelnde Worte. Ich denke, hier ist im Unterricht Platz, in der Pause Platz, am Schulhof Platz, am Elternsprechtag Platz, und das würden wir uns auch sehr wünschen.

Kinder brauchen in ganz vielerlei Hinsicht einen Rahmen zur Orientierung, auch in der Beurteilung. Jeder will wissen, wo er steht und was er kann. Das Noten-Aus führt auch zu Standardfloskeln, die nicht Fisch und nicht Fleisch sind. Die verbale Beurteilung als Ergänzung ist für uns sehr okay. (Bundesrat Schennach: Also Sie sind für Schul­ängste!) – Wir wären für Noten mit einer Ergänzung, was in sehr vielen Schulver­suchen auch jetzt schon sehr gut funktioniert.

Ich denke, das Modell hätte sehr gut beibehalten werden können, denn viele Eltern werden in der vierten Klasse draufkommen, „sehr bemüht“ heißt nicht automatisch AHS-reif, heißt nicht automatisch, dass das Kind in die erste Leistungsgruppe in der Neuen Mittelschule kommt. Zu diesem Zeitpunkt, nach dem ersten Semester der vierten Klasse, ist es zu spät, um zu reagieren. (Bundesrat Stögmüller: Na ja, bis zur dritten Klasse!)

Davon abgesehen gibt es Probleme an den Schulen, die viel lauter schreien. Nehmen wir die Deutschtestung durch das BFI her! Das Ergebnis ist verheerend. Viele Kinder in der Volksschule – und da sprechen wir von vier Jahren Grundausbildung, die nie mehr wieder so vermittelt wird – haben vier Jahre Grundausbildung und keine ausreichenden Deutschkenntnisse. Wie soll das später im Leben funktionieren? Fehlende Sprach­qualifikation heißt keine ausreichenden Deutschkenntnisse, heißt gravierende Lese- und Rechtschreibdefizite, heißt früher oder später Ausgrenzung, heißt erschwer­ten Zugang zum Arbeitsmarkt. Da gibt es sogar die Empfehlung des Rechnungshofes, Deutsch als Pausensprache einzuführen. In Oberösterreich gibt es dazu ganz klar die Empfehlung von ÖVP und FPÖ, es wurde so beschlossen.

Sehr erschreckend ist auch die Anzahl der Schüler, die Probleme im Verhalten im nor­malen Schulbetrieb zeigen. Hier stehen oft Schule, Elternhaus und Mitschüler hilflos da. Zusätzliche Unterstützungsstunden sind Mangelware. Nicht in jeder Schule gibt es Integrationsklassen, wo man diese verhaltensoriginellen Schüler beziehungsweise auch Schüler mit besonderen Bedürfnissen auffangen kann. Hier spart man am fal­schen Ort, denn alles, was hier hilft, macht es für die Jugendlichen später leichter, etwas zu erreichen.

 


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