BundesratStenographisches Protokoll856. Sitzung / Seite 117

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zeugung, dass es genau diese aktive Erinnerungsarbeit braucht, damit ihr Schicksal nicht vergessen wird.

An dieser Stelle muss man auch Danke sagen: den vielen Menschen, die seit Jahr­zehnten diese Erinnerungsarbeit leisten, dem Mauthausen Komitee, den vielen Ver­mittlerInnen und BegleiterInnen, den vielen ZeitzeugInnen, den Opferverbänden und je­nen, die den Gedenkdienst leisten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Mit der Einrichtung dieser Bundesanstalt schaffen wir erstmals eine gesetzliche Grund­lage mit einer aus meiner Sicht professionellen Struktur in einer gemeinnützigen Bun­desanstalt – das bringt mehr organisatorischen und finanziellen Spielraum, Bewegungs­spielraum für die Gedenkstätte –, mit einem Kuratorium, wie wir schon gehört haben, ei­nem wissenschaftlichen Beirat und auch mit einem Internationalen Beirat.

Ich glaube, es darf hier nicht um vergleichsweise kleinliche Diskussionen gehen, ob nun eine Stiftung besser wäre oder Gremien anders organisiert werden sollten. Man­che meinen, Gusen sollte im Namen erwähnt werden. Das Internationale Mauthausen Komitee hat festgelegt, dass alle Nebenlager von Mauthausen gleichberechtigt sein sol­len, und sich deswegen dazu entschieden, nur Mauthausen in den Namen aufzuneh­men. Andere meinen, es sei ein Proporzsystem und die Ministerien haben zu viel Mit­sprachemöglichkeit.

Ich persönlich glaube, es ist unschätzbar, dass die Politik ihre Verantwortung gesetz­lich verankert und auch wahrnehmen muss. Mir ist viel wichtiger, welchen inhaltlichen Stellenwert die Gedenkarbeit für uns in Österreich hat, wie sich diese Erinnerungsar­beit als Auftrag für die Zukunft weiterentwickeln kann und muss. Da ist es mir als Mühl­viertler wichtig, zu betonen, dass diese Gedenkstätte aus meiner Sicht noch viel stär­ker mit der Region vernetzt werden muss. Die drei Gemeinden Mauthausen, Langen­stein und St. Georgen an der Gusen haben sich jüngst zu einer Bewusstseinsregion zu­sammengeschlossen: ein Gemeindeverband, nach eigener Beschreibung ein Projekt, das – Zitat – „den Wunsch nach einem zukunftsorientierten und Nutzen stiftenden Um­gang mit der belastenden Vergangenheit“ aufgreift.

In einer Region gibt es natürlich immer zwei Seiten: jene, die das nicht mehr hören kön­nen, und jene, die sich dem bewusst stellen wollen. Ich glaube, es ist für das zukünf­tige Projekt der Gedenkstätte inhaltlich wichtig, dass man diese regionalen Initiativen noch viel stärker mitnimmt und unterstützt, denn diese Gedenkstätte ist aus meiner Sicht ein Auftrag für die Zukunft.

Damit wir alle mitnehmen können, müssen wir gemeinsam ableiten, was diese Ge­denkarbeit für uns heute bedeutet. Wie schaffen wir es genau jetzt, dass sich der offe­ne Hass in den sozialen Medien und auf der Straße nicht weiter radikalisiert? Wie schaf­fen wir es, dass Religionsgemeinschaften nicht per se denunziert werden? Wie schaf­fen wir es, das allgemeine Misstrauen, das sich so langsam immer weiter ausbreitet, wieder in Hoffnung und Solidarität umzumünzen? – Das sind Zukunftsaufgaben, die sich nicht nur an uns, an die jüngere Generation richten können, sondern an alle gemein­sam.

Unser neuer Bundesratspräsident hat es heute Morgen folgendermaßen auf den Punkt gebracht: dass es eben nicht nur Gesetze und Verbote sind, die alles regeln können, sondern dass es eine gemeinsame Zivilcourage braucht und dass wir als gewählte VolksvertreterInnen die ersten Vorbilder sein müssen. Heinz Fischer hat es vergan­genen Freitag so schön auf den Punkt gebracht: Der Gewalt in den Köpfen folgt die Gewalt in den Worten und den Taten.

Hinsichtlich der Geschichte der Ersten Republik kann niemand im Nachhinein sagen, wann denn dieser eine Punkt war, wo alles so eskaliert ist. Es war in Wirklichkeit ein


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