BundesratStenographisches Protokoll856. Sitzung / Seite 116

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Durch unser Wirken in der Politik müssen wir aber auch sichtbar machen, dass wir den Anfängen unmenschlicher Entwicklung wehren. Meine Damen und Herren! Durch die jetzige Form der Gedenkstätte ist uns ein Schritt in diese Richtung gelungen.

Herr Minister, ich danke Ihnen, dieses Gesetz ist ausgezeichnet, wir müssen dieses Ge­setz heute hier nicht zerpflücken. Ich gratuliere! Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.44


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Lind­ner. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


15.44.12

Bundesrat Mag. Michael Lindner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Werte KollegInnen und ZuseherInnen! Mit diesem Gedenk­stättengesetz schaffen wir eine gemeinnützige Bundesanstalt, die KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Das erscheint jetzt vordergründig als etwas Organisatorisches, in Wirk­lichkeit legen wir aber damit ein klares Bekenntnis zu unserer antifaschistischen Erklä­rungs- und Erinnerungsarbeit ab. Wir übernehmen politische und auch finanzielle Ver­antwortung für die Erinnerungsarbeit in Mauthausen und all seinen Außen- und Neben­lagern in ganz Österreich.

Lassen Sie mich aber auch noch einen kurzen Blick in die Geschichte der Gedenk­stätte werfen: Nach der Befreiung vom Faschismus nutzte ursprünglich die US-Armee das Lagerareal zur Versorgung befreiter KZ-Häftlinge ebenso wie als vorläufiges Ge­fängnis für SS-Angehörige. Nachdem das Mühlviertel dann der sowjetischen Besatzungs­zone zugeteilt worden war, wurde das Lager – bevor es leer stand – von der Sowjetar­mee kurz als Kaserne genützt.

Am 20. Juni 1947 übergab die sowjetische Besatzungsmacht das ehemalige KZ mit dem klaren Auftrag, eine würdige Gedenkstätte zu errichten, an die Republik Österreich. Im Frühjahr 1949 eröffnete man die Gedenkstätte erstmals als Öffentliches Denkmal Maut­hausen, und über die Jahrzehnte entwickelte sich die Gedenkstätte zur zentralen Stät­te für unsere Erinnerungskultur in Österreich.

Als Mühlviertler bin ich hautnah mit der geschichtlichen Verantwortung unserer Region groß geworden. Nicht nur die sogenannte Mühlviertler Hasenjagd hat gezeigt, dass es auch außerhalb der Lager sehr viele MittäterInnen in der Region gegeben hat. Es gab aber auch viele helfende Hände, die den Verfolgten Unterschlupf gaben.

Mir haben die Besuche in Mauthausen, aber auch in Auschwitz-Birkenau dabei gehol­fen, mir selbst diese unvorstellbare Gewalt oder eigentlich diesen industriellen Massen­mord, diese unwirklichen Zahlen, die schon genannt wurden, begreifbar beziehungs­weise – eigentlich besser – erfassbar zu machen, denn begreifen wird man diesen Wahn­sinn niemals können.

Gleichzeitig darf aus meiner Sicht aber Erinnerungsarbeit nicht beim Schaffen von Be­troffenheit stehen bleiben, es dürfen keine rein dunklen Orte sein, die uns nieder­schlagen. Bei mir persönlich war das überhaupt erst der Grund dafür, politisch aktiv zu werden, um eben solche Zeiten zu verhindern. Die zunehmende rechtsextreme Gewalt in Europa zeigt ja, dass das immer notwendiger wird.

Ich habe gemeinsam mit vielen anderen oberösterreichischen Jugendorganisationen im Rahmen der Befreiungsfeiern einen Jugendgedenkmarsch organisiert. Mehrere Hun­dert junge Menschen haben jedes Jahr gezeigt, dass für sie Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus keine Optionen sind. Es waren an diesen Tagen die Tränen in den Augen der Überlebenden, als sie uns Junge gesehen haben, die mich tief beeindruckt und be­wegt haben. Wir haben ihnen vielleicht etwas zurückgeben können, nämlich die Über-


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