BundesratStenographisches Protokoll856. Sitzung / Seite 150

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Früher gab es jedoch noch viele Möglichkeiten an Hilfsarbeiterjobs, die sie dann aus­führen konnten. So fanden auch jene jungen Menschen einen Arbeitsplatz, die sich mit dem Lernen vielleicht nicht ganz so leicht taten. Das finden wir aber heute in dem Aus­maß nicht mehr. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Wichtig ist, dass wir diesen Jugendlichen nun unter die Arme greifen und dass wir ih­nen auch zur Seite stehen. Auch jene, die lernschwächer sind oder vielleicht – aus wel­chen Gründen auch immer – ihre Ausbildung abbrechen, gehören unterstützt. Das wird mit dem neuen Ausbildungspflichtgesetz nun gemacht. Das halte ich für eine sozial­politisch wichtige Maßnahme für die Jugend in unserem Land. (Präsident Lindner über­nimmt den Vorsitz.)

Ich bin selbst Lehrlingsausbildnerin und weiß, wie wertgeschätzt sich meine Mädchen im Salon fühlen, wenn man sie dementsprechend unterstützt und ihnen behilflich ist. Ich habe selbst drei Kinder, und mir war es immer wichtig, nicht in materielle Dinge zu investieren, sondern in die Ausbildung meiner Kinder. Ich halte das für eine Verpflich­tung der Eltern.

Österreich liegt mit 11 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – im internationalen Vergleich sind es nämlich 19 Prozent – recht gut. In einigen Ländern, wie etwa Spanien oder Grie­chenland, beträgt die Jugendarbeitslosigkeit fast beängstigende 50 Prozent. Wenn bei­nahe die Hälfte der jungen Menschen eines Landes das Gefühl hat, nicht gebraucht zu werden und weder einen Ausbildungsplatz noch einen Arbeitsplatz hat, dann ist es of­fensichtlich, dass es in der Zukunft massive gesellschaftliche Probleme geben wird.

Es ist schlimm, wenn man das Gefühl vermittelt bekommt, dass man in der Gesell­schaft nicht gebraucht wird. Ich muss das hier klar und deutlich sagen: Junge Men­schen sollen entweder über einen Schulplatz, über einen Lehrplatz oder über eine sons­tige Ausbildung das Gefühl haben: Ja, ich werde gebraucht, ich werde an den Arbeits­markt herangeführt.

Ich kann diesbezüglich keinerlei Verständnis für die Kritik der Opposition zeigen. Das Gesetz ist eine wichtige Maßnahme, damit wir jungen Menschen signalisieren: Ihr wer­det in der Gesellschaft gebraucht. Wir brauchen euch auf dem Arbeitsmarkt. Daher ist die Ausbildungspflicht auf alle Fälle zu unterstützen.

Ich möchte aber auch feststellen, dass ich froh bin, dass bei diesem Gesetz, dem Aus­bildungspflichtgesetz, auch behinderte Menschen miteinbezogen wurden. (Bundesrat Stögmüller: Das haben wir …!) Ja, ja. (Bundesrat Stögmüller: Sicher!) Niemand darf sie zurücklassen. Es ist ein Zeichen der Chancengleichheit, wenn behinderte Men­schen ebenso eine Ausbildungsgarantie bis zu ihrem 18. Lebensjahr haben. Man sieht gerade mit der teilqualifizierten Lehre, bei der die Ausbildung in der Berufsschule und in den Unternehmen stattfindet, sehr gute Erfolge.

Weiters muss ich sagen, dass selbst im ländlichen Raum über 50 Prozent der beim AMS gemeldeten Personen maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen. Da müs­sen die Alarmglocken bereits läuten. Es ist höchste Zeit, die Erziehungsberechtigten in die Pflicht zu nehmen, sich um die Ausbildung ihrer Kinder zu kümmern, sodass sie ei­nen guten Start ins weitere Leben haben.

Auf der anderen Seite haben wir oft jede Menge an offenen Stellen. Das versteht kein Unternehmer, keine Unternehmerin, das versteht auch kein Bürger, keine Bürgerin. Ich glaube, dass das Ausbildungspflichtgesetz ein wichtiger, ein richtiger Schritt ist, davon bin ich persönlich überzeugt. Man darf nun bloß nicht versuchen, mit Antworten von ges­tern die Herausforderungen von morgen zu lösen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)

17.59

 


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