BundesratStenographisches Protokoll858. Sitzung / Seite 8

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und Kaufkraft für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ betrifft uns alle. Ob Pen­sionisten, ob Kinder, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ob Unternehmerinnen und Unternehmer, wir sind alle davon betroffen. Auf dem Weg, Österreich an die Spitze zu bringen, braucht es unsere gemeinsamen Anstrengungen. Es muss sinnvolle Ver­besserungen für den Standort geben, und das geht nicht über neue Schulden und schon gar nicht über neue Steuern – mögen sie heißen wie auch immer –, denn die Wirtschaft ist ein zartes Pflänzchen und reagiert auf solche Störungen massiv. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

Eine Verschlechterung der Wirtschaft kann ein Jahr dauern, aber der Aufbau dauert mehrere Jahre. Wir brauchen Schwerpunkte. Ich nenne jetzt einmal drei Schwer­punkte, die wir wirklich angehen sollen: Wir brauchen ein flexibleres Arbeitsrecht. (Zwischenrufe des Bundesrates Stögmüller.) – Nein, warte nur ab! – Auftragsspitzen müssen besser abgearbeitet werden können. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundes­rat Stögmüller und Bundesräten der ÖVP.)

Es geht dabei nicht darum, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwölf Stunden am Tag arbeiten müssen, sondern das Motto muss lauten: Arbeit dann, wenn Arbeit anfällt! – ohne die Gesamtwochenarbeitszeit zu erhöhen. (Pst-Rufe bei Bundes­räten der ÖVP.) Eine Möglichkeit wäre ein Arbeitszeitkonto. Pauschale Arbeitszeitrege­lungen können nicht mehr zufriedenstellend sein. Zwei Betriebe in der gleichen Branche haben ganz unterschiedliche Anforderungen an ihre Arbeitnehmer, und auch die Arbeitnehmer haben ganz unterschiedliche Anforderungen an die Betriebe.

Ich darf jetzt zwei Beispiele nennen, an denen man sieht, wie schnell man in einen Graubereich hineinkommt, der gesetzlich nicht gedeckt ist: Eine Bilanziererin – ein Kind, kein familiäres Umfeld – arbeitet im Büro, und wenn mit ihrem Kind irgendetwas ist, schnappt sie ihre Ordner, fährt heim und arbeitet von zu Hause. – Das ist nicht ge­regelt.

Wenn irgendwo irgendetwas passiert, wer übernimmt Verantwortung? Hat sie der Unternehmer, der durch seine Großzügigkeit und Wertschätzung der Mitarbeiterin gegenüber sich in einem ungeregelten Bereich bewegt? Wer deckt das? – Das ist ein Graubereich, der geregelt werden muss.

Ein anderes Beispiel: Wir haben in Tirol Seitentäler, beispielsweise das Kühtai, weitab vom Zentralraum Innsbruck, aber es gibt Menschen, die im Kühtai arbeiten. Ist es ihnen zuzumuten, dass sie nach der Wintersaison, die im Höchstfall vier Monate dauert, eineinhalb Stunden täglich – vor allem geht es da um Frauen – aus dem hin­tersten Kühtai, Gries im Sellrain, nach Innsbruck, nach Hall pendeln, um zu arbeiten? Die brauchen drei Stunden, bis sie am Arbeitsort und wieder retour sind. Da ist es unmöglich, Familie und Kind unter einen Hut zu bringen.

Da wäre ein Arbeitszeitmodell nötig, das die Arbeitnehmerinnen an den Unternehmer herangetragen haben, wonach man die Arbeitszeit blocken und dafür dann länger in Beschäftigung bleiben könnte. Erstens bekommen sie oft die Zeiten nicht zusammen, um Arbeitslosengeld zu bekommen, und zudem wären sie mit dieser Regelung selbst versichert. Sie sagen, dass sie nicht arbeitslos sein wollen, sondern die Zeit, die sie im Winter gearbeitet haben, einfach strecken, damit sie bis in den Sommer auskommen. In den Monaten Juli und August gibt es wieder Arbeit und die Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld ist erreicht. Das würde auch dem Staate und auch der Wirtschaft guttun. (Bundesrätin Posch-Gruska: Nur den Frauen nicht!) Beide hätten etwas davon, aber das geht nicht, denn es gibt kein Arbeitszeitmodell, mit dem man so arbeiten kann.

 


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