BundesratStenographisches Protokoll858. Sitzung / Seite 7

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Damit sind wir bei dem Thema, dass es geheißen hat, es solle keine neuen Steuern geben. – Es handelt sich eben nicht nur um eine Steuer, sondern um eine Aufteilung beziehungsweise Umverteilung der Finanzierung der sozialen Versorgung. Es sollen nicht mehr einseitig nur die Löhne und Gehälter alleine herangezogen werden, sondern die gesamte Wertschöpfung der Betriebe und Unternehmen. Personalintensive Betriebe zahlen weniger, kapitalintensive Unternehmen mehr.

Was bedeutet Wertschöpfungsabgabe? – Der frühere Sozialminister Alfred Dallinger entwickelte auf dem 10. Bundeskongress des ÖGB 1983 die Idee, dass Unternehmen mit ihrer gesamten Wertschöpfung zur Finanzierung der Sozialsysteme beitragen, dass also auch Gewinne, Zinsen, Mieten et cetera berücksichtigt werden.

Ziel ist es, Unternehmen mit vielen Beschäftigten zu entlasten. Die Lohnnebenkosten jener Betriebe, die viele Arbeiter und Angestellte haben, sollen durch die Umstellung gesenkt werden – Industrieunternehmen, Bauwirtschaft, Metallindustrie, Handel. Betriebe mit tendenziell wenig Beschäftigten, hoher Wertschöpfung und hohen Ge­winnen sollen entsprechend mehr zahlen – Versicherungen, Realitätenmakler, Finanz­dienstleister. Wichtig ist, zu erwähnen, dass auch internationale Konzerne, die meis­tens steuerschonende Konstrukte aufweisen, an der Wertschöpfungsabgabe nicht vorbeikönnen. Für Kleinbetriebe und Einpersonenunternehmen soll es eine Freibe­trags­re­gelung geben.

In Italien gibt es bereits eine Wertschöpfungsabgabe, und zwar auf regionaler Ebene. Auch in Frankreich werden Familien- und Pflegeleistungen wertschöpfungsbezogen finanziert. Dies funktioniert klaglos. Dass die Wirtschaft dagegen ist, ist eigentlich unverständlich, denn durch die Umstellung von einer reinen Beitragsfinanzierung auf die Wertschöpfungsabgabe werden personalintensive Betriebe von den hohen Lohnnebenkosten entlastet. Das will auch die Wirtschaft. Wichtig ist, zu erwähnen, dass die Wertschöpfungsabgabe nicht investitionsfeindlich ist, denn betriebliche Inves­titionen sollen explizit ausgenommen werden.

Warum führen wir diese Debatte gerade jetzt? – Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt jetzt und in den nächsten Jahren fundamental, daher muss auch die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme – Krankenversorgung, Pensionen, Ar­beitslosengeld et cetera – auf eine breite Basis gestellt werden.

Die Wertschöpfungsabgabe bringt auch Beschäftigungsimpulse, dies ist angesichts hoher Arbeitslosenzahlen wichtig; deshalb wäre eine schrittweise Einführung der Wert­schöpfungsabgabe ein Gebot der Stunde.

Auf all diese Fragen müssen Antworten gegeben werden. Ich freue mich, dass unser Bundeskanzler Kern bei uns im Bundesrat ist und dazu auch Stellung nehmen wird. Ich freue mich auf seine Antworten zur Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft.

Schließen will ich mit einem kleinen Gedicht der Arbeiterbewegung: „Was wir begehren von der Zukunft Fernen: Dass Brot und Arbeit uns gerüstet stehen, dass unsere Kinder in der Schule lernen und unsere Greise nicht mehr betteln gehen.“ – Diese Verse sind auch heute noch Verpflichtung für uns. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

9.16


Präsident Mario Lindner: Als nächste Rednerin gelangt Frau Bundesrätin Junker zu Wort. – Bitte.

 


9.17.25

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Das heutige Thema „Die Chancen für eine starke Wirtschaft nutzen – mehr Investitionen


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