Mir ist immer wichtig, festzuhalten, dass es für das Pflegepersonal nicht einfach ist. Auch wenn sie der Meinung sind, dass es das gelindeste Mittel ist, müssen sie gleichzeitig Angst davor haben, was mit ihnen geschieht, falls dieser Bewohner oder diese Bewohnerin trotzdem stürzt. Nichtsdestotrotz gehört ein solcher Vorfall gemeldet und mit der Bewohnervertretung besprochen. Werden Fälle bekannt, in denen alte Menschen mit einem Bademantelgurt fixiert werden, was unter Umständen auch zu lebensbedrohlichen Situationen führen kann, dann gehört eine solche Praxis wirklich abgeschafft.
Das Thema Sturzprävention ist im Zusammenhang mit dem Thema Barrierefreiheit zu behandeln. Diesbezüglich möchte ich noch auf einen kleinen Punkt eingehen, der mich wirklich sehr überrascht hat: Dass es für ein älteres, jahrelang bestehendes Heim natürlich oft schwierig ist, Umbaumaßnahmen durchzuführen, um dieses zeitgerecht zu gestalten, verstehe ich ja noch, aber dass es neu gebaute Wohn- und Pflegeheime gibt, die nicht barrierefrei sind, hat mich wirklich negativ beeindruckt. Ich hätte eine sehr leicht umsetzbare Empfehlung, um so etwas in Zukunft zu vermeiden: Es ist während der Planung das Pflegepersonal miteinzubinden. Ich glaube, dass dieses am allerbesten weiß, worauf zu achten ist.
Die vorangegangenen Punkte, die von mir erwähnt wurden, hängen wie so viele Bereiche oft mit der Problematik der fehlenden Personalressourcen zusammen.
Es gibt ein Kapitel, das für mich immer sehr unangenehm zu lesen ist, nämlich wenn es um das Thema Gewalt in der Pflege geht. Da geht es um Gewalterfahrungen, die wir uns alle nicht vorstellen wollen. Für eines bin ich diesem Bericht, der weder wertend noch urteilend geschrieben ist – das war Gott sei Dank noch nie der Fall –, dankbar: Diesmal scheint mir die Aussage, dass das Personal oft wirklich nichts dafür kann und es am System scheitert, klarer formuliert denn je.
Es mag einzelne Personen geben, bei denen man vielleicht sagt, sie hätten anstatt des Pflegeberufs einen anderen wählen sollen, aber der große Teil der Vorfälle ereignet sich aufgrund der Anspannung und Personalknappheit, wenn das Pflegepersonal sehr unter Druck steht. Falls solche Phasen nur kurze Zeit andauern, dann bin auch ich der Meinung, dass man es trotzdem schaffen muss, Menschen würdig und liebevoll zu pflegen. Wenn aber ein Personalmangel und der Druck auf das Pflegepersonal über Monate anhalten, kommt das Team an seine Grenzen. In diesem Bericht wurde genau diese Gratwanderung ganz klar aufgezeigt und auch, wie wichtig es ist, auf die Mitarbeiter zu schauen, ihnen Supervision anzubieten, besser mit ihnen zusammenzuarbeiten, aber natürlich auch zu schauen, dass genügend Personal vorhanden ist.
Das ist wahrscheinlich auch oft der schwierigste Teil. Ich weiß selbst, wie schwierig es ist, ein Budget zu verantworten, zu vertreten, die Tagsätze zu kalkulieren – also jenen Betrag, den die Bewohnerinnen und Bewohner im Monat für das Heim bezahlen –, mit denen eigentlich alle Kosten abgedeckt werden sollten, was aber in Wirklichkeit nicht funktionieren kann. Ich kann jedes Budget drehen und wenden, wie ich will, der größte Kostenpunkt bleibt das Personal. Sollte es sich mit dem Budget nicht ausgehen, dann trifft es natürlich auch den Träger. Ich möchte keine Träger pauschal verurteilen.
Wer sind die Träger von Wohn- und Altenpflegeheimen? – Es gibt private Träger, aber vielfach sind es eben auch die Gemeinde oder Gemeindeverbände. Und ich möchte mich dagegen verwahren, jenen Vertretern oder Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die da drinnen sitzen, einen Vorwurf zu machen. Sie haben selbst dieses Budget zu verantworten, und zum großen Teil sind sie oft einfach nicht nahe genug an diesem Thema dran. Ich glaube, diesbezüglich bedarf es in Zukunft ganz viel Bewusstseinsbildung, denn hinsichtlich der demographischen Entwicklung wird uns dieses Thema noch sehr lange und intensiv begleiten. Aber es ist machbar.
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