BundesratStenographisches Protokoll858. Sitzung / Seite 66

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Bedeutung“. Das Geschichtliche ist das Wichtige, denn das Geschichtliche beinhaltet die gesamte kulturelle Anthropologie: Das ist der Mensch, der in diesem Objekt, der in dieser Materie gewohnt, geschaffen und gelebt hat, das ist der Epochenbegriff; die Epoche, der Erhalt, die Erinnerung an diese Epoche ist wichtig.

Das ist für eine Nation, für ein Land wichtig, wie sich an der Zerstörung Syriens, an den tragischen Aggressionen durch kriegerische Einwirkungen, aber auch in Südosteuropa gezeigt hat. Die erinnern sich gerne, die suchen nach identitätsstiftenden Objekten. Das ist für das kollektive Gedächtnis einer Nation, einer Bevölkerung von enormer Wichtigkeit, gerade im Zuge dieser Migrationswelle; sonst wird man nie Identitäten oder Kollektive, Gemeinsamkeiten schaffen können – ein unabdingbares Muss für alle, vor allem hier in Österreich.

Wie sieht das nun hier in Österreich aus? – Nehmen wir zum Beispiel das Haas-Haus in Wien: Das ist bekanntlich in den neunziger Jahren erbaut worden, ist zwei Mal komplett umgebaut worden. Es wurde als Einkaufszentrum konzipiert, heute ist es ein Hotel, geht an den Bedürfnissen und dem Nutzen der Bevölkerung völlig vorbei. Das Haas-Haus steht unter Denkmalschutz – mag so sein, ich möchte das nur wertfrei analysieren.

Das Jagdschloss von Erzherzog Johann – ich glaube, ich brauche keinem Steirer zu erklären, wer Erzherzog Johann war: der Begründer des berühmten Joanneums in Graz – steht zum Beispiel nicht unter Denkmalschutz. Es wird auch ganz offen feilgeboten und zieht natürlich Bauspekulanten an, was bei der heutigen Inflation, was die Immobilienpreise anbelangt, natürlich kein Wunder ist.

Wie sieht es in Wien weiter aus? – In Wien haben wir es mit einer politischen Person zu tun, die mit 12 Prozent in das Amt des Vizebürgermeisters gewählt worden ist. Diese Person, mit einem Wahlvotum von 12 Prozent, entscheidet im Alleingang über Wien, die Residenzstadt Österreichs mit einer über 600-jährigen Geschichte, das Zentrum Europas im Heiligen Römischen Reich. Dabei gibt es zahlreiche Fehlent­wicklungen, die fragwürdig sind, denen vor allem Einhalt zu gebieten ist.

Es muss zum Beispiel allen Ernstes von der UNESCO, vom Ausland der Hinweis kommen: Passt endlich auf euer kulturelles Erbe auf! Das, was ihr vor dem Konzert­haus machen wollt, dieses Hochhaus vor dem Konzerthaus, das funktioniert nicht! Erst dann hat sie praktisch die Reißleine gezogen und gesagt: Nein, die Verbauung des Konzerthauses findet nicht statt!

Der zweite Fall spielt sich soeben vor der Karlskirche ab: Vor der barocken Karlskirche soll allen Ernstes ein Glaspalast errichtet werden. Es fällt auf, dass diese neue – mittlerweile auch schon über sechs Jahre im Amt befindliche – Vizebürgermeisterin immer ein offenes Ohr für Bauspekulanten hat. Es ist doch kein Wunder: Baut man heutzutage, bei Grundstückspreisen von 20 000 € pro Quadratmeter, ein Hochhaus, kann sich jeder ausrechnen, wie viel Profit die Bauspekulanten machen. Die Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft ist ein Finanzunternehmen, ein ins Trudeln gekommener Finanzkomplex, der in der heutigen Zeit schwer überleben kann und sich damit natürlich auf Kosten der Identität Österreichs und Wiens bereichern will.

Das wäre nach dem französischen Denkmalschutzgesetz nicht möglich. Die Franzosen interpretieren das anders. Da kommt auch das Wort historique vor, das monument historique. Das ist der Franzose, der sagt: 500 Meter vom geschützten Objekt entfernt darf es keine Veränderungen geben! Das Ensemble, der gesamte Raum, wie man in der heutigen Zeit so schön sagt, ist wichtig. Am Karlsplatz geht es um den Anbau eines Glaspalasts direkt an die Mauern dieser barocken Welt. – Nein, nein, das wollen wir Freiheitliche nicht, denn wir legen auf die Identität, auf den Erhalt unseres schönen Wiens besonderen Wert! (Beifall bei der FPÖ.)

 


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