BundesratStenographisches Protokoll858. Sitzung / Seite 95

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17.15.00

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Danke, Herr Minister, dass Sie heute gekommen sind, dass sich das so kurzfristig ausgegangen ist. Ich glaube, es ist wich­tig – und die Debatte hat es gezeigt –, dass man sich auch über solche Themen unterhält.

Es hat niemand den Herrn Minister schlechtgemacht, aber es liegt eben in der Natur der Demokratie, dass man nicht vorbehaltlos alles gutheißen muss, was ein Minister macht.

Sie, Herr Minister, haben ja auch viele freiheitliche Positionen übernommen. Mir fällt eine ein, an die ich mich noch erinnere: Die FPÖ Wien – da war ich in der Arbeits­gruppe – hat 2005 gesagt: Wir brauchen Deutschklassen an den Schulen, aber nicht, um die Kinder zu diskriminieren und Ghettoklassen zu bilden, wie uns das natürlich sofort von der linken Reichshälfte unterstellt worden ist, sondern damit die Kinder schnellstmöglich und ordentlich Deutsch lernen, um dem Unterricht folgen zu können. Nach schnellen fünf Jahren sind Sie plötzlich auch dieser Meinung gewesen, nachdem Sie das vorher gar nicht gutgeheißen haben (Bundesminister Kurz: Sie haben es 2015 vorgeschlagen! – Bundesrat Jenewein: Nein, wir haben es 2005 vorgeschlagen!) – 2005! –, und kaum waren fünf Jahre vorbei, haben Sie gesagt: Ja, das ist eine gute Idee! – Also warum sollen wir Sie jetzt anschütten, wie man es uns hier unterstellt? – Das tun wir ja gar nicht!

Aber ein paar Dinge muss man jetzt schon noch klarstellen: Das mit dem Lesen – das merke ich immer wieder, vor allem bei der SPÖ und bei den Grünen – ist immer so eine Sache. Wir wissen ja, dass Österreich ein Problem mit dem sinnerfassenden Lesen hat. In der Dringlichen Anfrage, Frau Kollegin Dziedzic, steht nicht ein einziges Mal das Wort Grundversorgung. Wo Sie das herausgelesen haben, weiß ich nicht. Vielleicht haben Sie die falsche Anfrage in der Hand gehabt, das könnte ja sein. (Bundesrätin Schreyer schüttelt den Kopf.) – Es steht nichts davon drinnen, und Sie können den Kopf bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag schütteln, es steht nichts davon drinnen. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Kollege Mayer hat gemeint, die Grenzen waren ja offen, weil wir eben ein Teil des Schengenraums sind. Ja, aber ich sage Ihnen schon: Diese unwürdige Streiterei, ob ein Zaun überhaupt Zaun genannt werden darf oder nicht irgendwo ein Loch oder sonst irgendein Hindernis ist, hat schon viel wertvolle Zeit gekostet (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), bis dann endlich alle umgeschwenkt sind und gesagt haben: Ja, also der Zaun ist natürlich schon eine ganz wichtige Sache.

Von den Grünen habe ich außer: Kommt alle herein!, und: Die sind alle so arm!, keinen Vorschlag gehört. Wir haben wenigstens Vorschläge, auch wenn es die Repatriierung ist, die dem Kollegen Mayer nicht so gut gefällt, aber wir haben Vorschläge. Von Ihnen höre ich immer nur: Die FPÖ ist so böse!, und: Die FPÖ ist so schlecht!, und ansonsten sind alle Asylwerber ganz arm und müssen natürlich zu uns kommen.

Die Integration in den Arbeitsmarkt, Kollegin Kurz, ist gut gemeint, aber gut gemeint ist ja meistens das Gegenteil von gut und überdies – da ja Weihnachten auch nicht allzu fern ist – ein Wunsch an das Christkind.

Diese Woche war in der „Kronen Zeitung“ ein Artikel, in welchem sich Experten einig waren – und zwar sowohl solche, die aus dem Lager der SPÖ kommen, als auch jene aus dem Lager der ÖVP und noch ein paar Unabhängige –, dass man 50 Prozent der angekommenen Flüchtlinge nicht wird integrieren können und 50 Prozent erst nach zehn Jahren in den Arbeitsmarkt integrierbar sein werden. Aber Sie waren ja diejeni-


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