BundesratStenographisches Protokoll859. Sitzung / Seite 53

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Ganze jedoch geworden ist, genügt es, einen Blick auf die österreichischen Verhält­nisse zu werfen.

Für die vierte Programmperiode, 2014–2020, steht für Österreich ein Betrag von 5,18 Mil­liarden € zur Verfügung. Es gibt vier verschiedene Fonds – EFRE, ELER, EMFF und der Sozialfonds ESF –, und das Ganze wird ja dann durch nationale Mittel kofinanziert. Damit überhaupt gestartet werden konnte, wurde eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen Kommission und Österreich erarbeitet: STRAT.AT 2020. Dadurch soll ein hohes Maß an Abstimmung und Kohärenz der unterschiedlichen Programme sicher­gestellt werden. Auch der Erstellungsprozess selber war ein partnerschaftlicher. – Also es gab viel Bemühen, viel Engagement, auch viel Hirnschmalz, das da hineingeronnen ist.

Abgesehen davon, dass sich mittlerweile vieles, was in diesem Abkommen steht, überholt hat, steht dort zur Analyse der Ausgangslage zum Beispiel, dass Österreich im EU-Vergleich ein relativ hohes Einkommensniveau und die geringste Arbeits­losigkeit mit einem prognostizierten stabilen Verlauf aufweist. Wie kann dieses Papier beziehungsweise sein Inhalt irgendjemandem verständlich gemacht oder so, dass es relevant wird für die Menschen, so, dass jemand, der das liest, sich angesprochen fühlt oder die Relevanz dieses Papiers auch erkennt, übersetzt werden? – Ich weiß es nicht.

Dies gilt allein schon für seine sprachliche Gestaltung. Ich darf dazu ein kurzes Beispiel bringen: Abgeleitet von den festgestellten Herausforderungen ist die Auswahl der thematischen Ziele und der Förderungsprioritäten in einer wechselseitigen Abstimmung zwischen den Ebenen der Partnerschaftsvereinbarung und der Programme getroffen worden. – Zitatende.

Was sagt Ihnen das? – Sie sind wahrscheinlich alle an Politik-Speech und auch das Lesen solcher Programme gewöhnt. – Oder zum Schluss: Im Sinne des verstärkten Koordinierungsanspruchs sehen die ESF-Verordnungen verpflichtende Umsetzungs­berichte und zahlreiche Koordinierungsbedarfe – das ist in der Mehrzahl zu verwen­den – im gemeinsamen strategischen Rahmen vor. – Zitatende.

Für jeden, der sich ein bisschen damit beschäftigt, klingt das wie eine massive Dro­hung, was die Möglichkeit betrifft, sich überhaupt darauf einzulassen und das auf die Reihe zu kriegen.

Das Klimaschutzabkommen von Paris ist beim Ausschuss der Regionen auch angekommen und bietet Hoffnung. Das heißt, die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind schon klar, sie schimmern zumindest durch. Klar ist aber auch – und das wird auch formuliert –: Es braucht eine neue Governance.

Diese Einschätzung teile ich mit dem AdR, aber leider wird nicht einmal angedeutet, wie an einer neuen Governance gearbeitet werden soll. Ich denke, wir brauchen eine neue Governance in Europa. Das Aushandeln von immer neuen Verträgen mit Kontrollen, mit Abstimmungsbedarfen, mit Evaluierungen hat zu einem riesigen Regelwerk geführt, das unflexibel ist, das uns alle in den Regionen, in den Städten auch unflexibel macht, das fesselt, das hemmt, das Misstrauen schürt – siehe CETA. Ich glaube ja auch nicht, dass die kanadische Regierung eine Ausbeutungsorgani­sation ist, die versucht, dem zum Durchbruch zu verhelfen.

Auch wenn man in unserem Land schaut, also das Ganze runterskaliert, ist es ja offensichtlich nicht mehr möglich, vertrauensvoll und mit dem Blick auf das Wohl des Ganzen Dinge auszuhandeln oder auch neu aufzusetzen – siehe Finanzausgleich. Das heißt, auch da fehlt ein System, fehlen Orte und Methoden, partizipativ – das heißt, unter Beteiligung von vielen –, lösungsorientiert Macht, Kompetenzen und natürlich auch Geld entsprechend zu verteilen und dabei zumindest eine demokratisch akzep-


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