BundesratStenographisches Protokoll860. Sitzung / Seite 8

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9.06.01

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Die Armutsgefährdung für ältere Menschen ist in Österreich niedriger als im europäischen Durchschnitt und auch deutlich geringer als in unseren Nachbarländern. Während in unserem Land die Armutsgefährdung bei 13 Prozent liegt, sind es zum Beispiel in Deutschland 17 Prozent der Menschen im Alter von 65 plus, die von Armut gefährdet sind. Auch wenn wir mit diesem Prozentsatz in Europa sozusagen gut dastehen, dürfen wir uns keinesfalls darauf ausruhen – wir tun dies auch nicht –, denn für uns Sozialdemokraten steht Folgendes fest:

Jeder von Armut betroffene oder gefährdete Mensch ist einer zu viel, denn Armut tut weh – nicht nur seelisch, sondern oftmals auch körperlich. Armut grenzt aus, sie stigmatisiert, sie führt zu sozialer Isolation. Die Betroffenen ziehen sich häufig aus dem sozialen Leben zurück, aus Scham oder weil ihnen schlicht die finanziellen Mittel fehlen, um zum Beispiel an einem Ausflug teilzunehmen, ins Theater zu gehen, mit FreundInnen einen Kaffee zu trinken oder auch um Gäste zu Hause zu bewirten.

Armut macht aber auch krank, psychisch und physisch. Von Armut betroffene Men­schen erkranken überdurchschnittlich häufig an psychischen Leiden wie zum Beispiel an einer Depression und haben auch eine geringere Lebenserwartung. Wir müssen daher alles daran setzen, das Armutsrisiko in Österreich zu senken, und tun dies auch mit Erfolg. Unter den Sozialministern Buchinger, Hundstorfer und Stöger wurden laufend Maßnahmen im Kampf gegen Altersarmut gesetzt. Dadurch hat sich der Anteil der armutsgefährdeten Älteren in Österreich seit 2008 von 19 Prozent auf 13 Prozent verringert.

Wir haben in Österreich mit unserem staatlich umlagefinanzierten Pensionssystem einen der europaweit stärksten Schutzschirme im Kampf gegen die Altersarmut. Zahlreiche Studien, nationale wie auch internationale, beweisen deutlich, dass unser staatliches Pensionssystem deutlich besser vor Armut schützt als private, kapital­gedeckte Systeme. Darum muss es auch unser oberstes Bestreben sein, unser kon­kurrenzlos sicheres staatliches Pensionssystem, um das uns die ganze Welt beneidet, gegen Angriffe zu verteidigen und durch nachhaltige Reformen wie zum Beispiel eine Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage durch die Einführung einer Wertschöpfungs­abgabe für die Zukunft abzusichern.

Da wurden in den letzten Jahren unter anderem mit der Reform der Invaliditätspension, speziellen Arbeitsmarktmaßnahmen für die Generation 50 plus und der Einführung des Pensionskontos die größten Reformen seit Einführung des ASVG umgesetzt.

Und diese Maßnahmen wirken. Das faktische Pensionsantrittsalter steigt und hat längst den für 2018 angepeilten Zielwert von 60,1 Jahren erreicht. Auch die Erwerbs­quote der Älteren steigt. Dies ist ein besonders entscheidender Faktor gegen die Altersarmut, denn das Risiko, von Altersarmut betroffen zu sein, wird meist bereits in den vorhergehenden Lebensphasen angelegt.

Die Ursachen sind, abgesehen von Schicksalsschlägen wie zum Beispiel Krankheit, meist Teilzeitarbeit, Zeiten der Arbeitslosigkeit und Kindererziehungszeiten. Damit wird bereits deutlich, dass Armut meist weiblich ist.

Eine internationale Studie kam zu dem Ergebnis, dass in 90 Prozent der untersuchten Länder Frauen ein um die Hälfte größeres Risiko haben, von Altersarmut betroffen zu sein als Männer. In Österreich sind Frauen sogar dreimal häufiger betroffen als Männer. Die durchschnittliche Pension eines Mannes beträgt in Österreich 1 400 € brutto, einer Frau hingegen nur 850 € brutto. Die Gründe dafür sind meist fehlende Erwerbszeiten durch die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen


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