BundesratStenographisches Protokoll860. Sitzung / Seite 16

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soziale Auffangnetz zu retten, und dann haben wir auf der anderen Seite die Achse der alten, verbitterten Männer à la Lopatka, Pröll und Pühringer, die alles verhindern.

Pühringer, den in der Mindestsicherungsdebatte sein Koalitionspartner FPÖ vor sich hertreibt (Bundesrat Mayer: … muss erst beweisen, dass das gescheiter …!) und der schon alle christlich-sozialen Grundsätze über Bord geworfen hat, lässt ja nur mehr mit rechtsaußen Scheinvorschlägen aufhorchen. (Bundesrat Mayer: Sozialromantiker!) Was sind die Debatten im Oberösterreichischen Landtag? – Ich nenne als Beispiel nur: Deutschpflicht in den Schulpausen – das sagt schon alles –, über die man in Ober­öster­reich überhaupt nicht diskutieren muss. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Ich bin mir auch sicher, dass die Mindestsicherungsalleingänge, die heute zum Beispiel in Niederösterreich beschlossen werden, nicht vor dem EuGH standhalten werden. Diese verstoßen gegen die Verfassung. Auch die erbrachten Effekte sind mehr als fraglich, so waren Anfang November – Herr Kollege Fürlinger kann es vielleicht … (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) Anfang November – und das muss man sich vorstellen! – waren drei Asylberechtigte Personen in Oberösterreich von dieser Kürzung betroffen – drei Personen! Effekt: nicht einmal 4 000 € Einsparung. Da wird in Oberösterreich mehr Geld pro Woche für Inserate in der Zeitung „Neues Volksblatt“ ausgegeben, als da überhaupt Einsparungspotenzial besteht.

Aber warum macht man das? – Aus reinem Populismus! Man will den Leuten am Stammtisch etwas bieten. Mit verantwortungsvoller Politik hat das Ganze schon lange nichts mehr zu tun (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), denn, werte Kolleginnen und Kollegen, die soziale Sicherheit ist ein wesentlicher Teil der öffentlichen Sicherheit. Fängt man an, die soziale Sicherheit, dieses Netz zu zerschneiden und löchrig zu machen, damit immer mehr Menschen durchfallen, drohen Obdachlosigkeit, Krimi­nalität, verheerende Armut und Perspektivenlosigkeit – und das darf uns allen hier im Hohen Haus nicht egal sein!

Es geht immer um Menschen, es geht immer um Familien und es geht zuletzt auch um Kinder. Es braucht – und wir Grüne werden diesbezüglich auch einen Antrag im Natio­nal­rat einbringen – ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz betreffend die Bedarfs­orien­tierte Mindestsicherung im Bundes-Verfassungsgesetz. Wir Grünen haben im Bundesrat bereits einmal versucht, genau das zu beschließen. Ich hoffe, dieses Mal wird es im Nationalrat klappen und eine Mehrheit geben, denn es ist unvermeidlich, dass der Bund zur Verbesserung der Lage der Betroffenen von diesem Recht Ge­brauch macht, um sich dann wieder um die wirklichen Herausforderungen, die es in unserer Republik gibt, zu kümmern – zum Beispiel die Working Poor.

Working Poor sind jene Menschen, die trotz Arbeit arm sind, die immer öfter von Armut und Ausgrenzung gefährdet sind. In Österreich sind es laut einer aktuellen Studie derzeit um die 7,8 Prozent jener, die in Beschäftigung sind – Tendenz steigend. Das sind aber nicht nur die Menschen, die einen Beruf gelernt haben – aber natürlich sind diese noch gefährdeter, so verdient eine Friseurin in Vollzeit aktuell unter 1 100 € netto –, sondern es sind auch immer mehr junge Menschen, die einen universitären Abschluss haben, die in schlecht bezahlten, in atypischen Verhältnissen arbeiten unter den Working Poor. (Bundesrat Mayer: Heute geht es um Altersarmut – um Alters­armut!) – Aber das gehört dazu: Wenn diese schon in frühen Jahren wenig verdienen, an der unteren Einkommensgrenze sind, wie sollen die in diesem Pen­sionssystem jemals eine Pension bekommen, mit der sie auskommen?

Es braucht – und darüber müssen wir wirklich reden und nicht über irgendwelche ÖVP-Neiddebatten – endlich einen gesetzlichen Mindestlohn von 1 700 €, eine Arbeitszeit­reduzierung auf 35 Stunden, aber wir müssen auch an der Qualität und an den


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