BundesratStenographisches Protokoll864. Sitzung / Seite 51

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Herr Kollege Mayer, denn da bist du einem kleinen Irrtum aufgesessen, ich darf das korrigieren, aber das mache ich später.

Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner. (Bundesrat Mayer: Ich habe von ... gesprochen!) 2011 hatten Österreich und Deutschland noch die gleiche Schuldenquote von in etwa 80 Prozent. Von 2011 bis heute, in den vergangenen fünf Jahren, ist die Schuldenquote in Deutschland um 12 Prozent gesunken. In Österreich, das wissen Sie sehr gut, Herr Finanzminister, ist sie weiter angestiegen. Und trotz dieser Rückführung der Schulden, da im Budget Überschüsse gemacht werden, hat Deutschland ein höheres Wirtschaftswachstum als Österreich erzielt. Das ist doch eine ganz besondere Tatsache, der wir uns stellen müssen.

Wie schaut es eigentlich in der Schweiz aus? Die Schweiz ist überhaupt ein Zauber­land als Wirtschaftsstandort, für das Unternehmertum und damit natürlich auch für die Beschäftigung: In der Schweiz ist in den Krisenjahren 2007, 2008 – weil von der ÖVP so oft transportiert wird, man habe durch zusätzliche staatliche Investitionen einen Konjunkturmotor angeworfen und daher habe man die Schulden erhöhen müssen – bis 2009 die Schuldenquote um sage und schreibe 5 Prozent zurückgeführt worden. Die Schweiz hat heute eine Schuldenquote von 34 Prozent, und das ist ein Hauptindikator dafür, dass dort keine Verwerfungen wie in Österreich stattfinden. Man muss wirklich sagen, die Finanzpolitik zusammen mit der Regierungspolitik sind die Ursachen für die Verwerfungen, die wir in Österreich mittlerweile haben.

Warum sage ich Verwerfungen, sehr geehrter Herr Finanzminister? – Ich widme mich dem Finanzplatz, denn der Finanzplatz ist ein wesentliches Thema zur Finanzierung der österreichischen Unternehmenslandschaft, und die Unternehmen – alle: kleine, mittlere, große – leiden darunter, dass sie nicht mehr an Eigen- und Fremdkapital herankommen. Sie reden in Ihren Ausführungen von Golden Plating, Sie wissen aber ganz genau, dass die Europäische Kommission Wert darauf legt, dass das Eigen­kapital der Unternehmen – nicht nur der Banken, auch der Unternehmen – gestärkt wird. Wo ist dann die Realisierung, die Umsetzung des Vorschlages der Europäischen Kommission dazu, eine Abschreibung auf die fiktive Eigenkapitalverzinsung vorzuneh­men? – Nein, das kommt natürlich nicht, weil wir die Unternehmen gerne weiter massiv belasten.

Um zu Bundeskanzler Kern und seiner nüchternen Analyse zurückzukommen: Wie sieht es mit dem Finanzplatz Österreich aus, mit den großen Betrieben, mit den börsennotierten Betrieben? – Jeder zehnte Arbeitsplatz wird von einem börsen­notierten Betrieb bereitgestellt und garantiert. Widmen wir uns wieder den letzten zehn Jahren: Von 2007 bis 2016 ist der österreichische Aktienindex um 50 Prozent gefallen. Der ist weit, weit weg von seinen Höchstständen, aber die Börse ist wichtig für die Eigenkapitalaufbringung. In Deutschland ist der Aktienindex in den vergangenen zehn Jahren um 80 Prozent gestiegen.

Da sieht man, wie weit die Schere allein zwischen Deutschland, unserem größten Han­delspartner – von der Schweiz rede ich gar nicht –, und Österreich in den letzten fünf, sechs Jahren aufgegangen ist. Da ist kein Ende in Sicht, weil sich die Wirtschaftspolitik nicht ändert. Daher haben Sie, das muss ich jetzt sagen, zu Recht das Wort Wirt­schaftswachstum in Ihrer Rede auch gar nicht erwähnt, weil Sie wahrscheinlich selbst wissen, dass man damit kein Wirtschaftswachstum erzielen kann. (Zwischenbe­mer­kung von Bundesminister Schelling.)

Jetzt komme ich zur Abgabenquote, da ist auch der Außenhandel dabei: Die Abgaben­quote ist der Kostenfaktor schlechthin, aber nicht das persönlich verfügbare Einkom­men der Österreicher – das sank und sank und sank im Laufe der vergangenen Jahre –, sondern ich rede immer vom Bruttoeinkommen und damit von der Gesamt-


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